Frage an Ingrid Arndt-Brauer von Ulrich D. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrte Frau Arndt-Brauer,
der von der jetzigen Regierung eingeführte Gesundheitsfond zur Verteilung der eingezahlten Beiträge zur GKV soll eine Reserve von 3 Mrd. € haben. Die gegenwärtigen Reserven vertragen aber 7,2 Mrd. €.
Trotzdem gehen Krankenkassen in den Konkurs und teilweise werden von den GKV Zusatzbeiträge erhoben. Beides wäre nicht notwendig, wenn die 4,2 Mrd. € ausgeschüttet würde.
Meine Fragen hier zu:
1. Ist das Zurückhalten seitens des BM Bahr rechtens?
2. Soll mit der oben genannten Vorgehensweise die GKV zu Gunsten der PKV diskreditiert werden?
3. Halten sie den Gesundheitsfond für erforderlich?
4. Ist eine Reserve von 3 Mrd. € erforderlich oder ist eine Bundesgarantie ausreichend?
Ich sehe ihrer Antwort mit Interesse entgegen.
Mit freundlich Grüßen
Ulrich Dißars
Sehr geehrter Herr Dissars,
vielen Dank für Ihre Fragen, die ich wie folgt beantworte:
Es ist richtig, dass der Gesundheitsfond eine Reserve von 3,3 Mrd. Euro haben soll. Ich halte eine solche Reserve für sinnvoll, da die Einnahmen des Gesundheitsfonds konjunkturellen und saisonalen Schwankungen unterliegen. Eine Absicherung im Bundeshaushalt ist theoretisch möglich. Die Abrufung von Mitteln bei Unterfinanzierung des Fonds wäre jedoch weniger flexibel und umständlicher/bürokratischer.
Die Tatsache, dass einzelne Krankenkassen insolvent sind, bzw. Zusatzbeiträge erheben, steht in keinem Zusammenhang mit dem Gesundheitsfond. Alljährlich wird bereits im Herbst festgelegt, welche Summe im Folgejahr an die Krankenkassen ausgezahlt wird. Diese Summe kann dann unterjährig nicht mehr verändert werden - dass heißt die Kassen müssen mit den Ihnen zugewiesenen Mitteln auskommen. Maßgeblich für die Höhe der Zuweisungen an die Krankenkassen ist die Versichertenstruktur (Alter, Morbidität, Chronische Erkrankungen etc.). Die jetzt zur Verfügung stehenden Mehreinnahmen können somit gar nicht an die Kassen ausgezahlt werden. Es wäre auch nicht gerecht den Kassen, die in Schwierigkeiten stecken, gezielt zu helfen. Wenn, dann müssten alle Krankenkassen gleichermaßen einen Nachschlag erhalten. Die Wettbewerbsposition derjenigen Kassen mit Zusatzbeiträgen oder Insolvenzgefahr würde sich damit aber nicht verbessern.
Der Gesundheitsfond ist nur ein Instrument, um alle Einnahmen im Gesundheitssystems (Steuermittel, Arbeitgeber-, Arbeitnehmerbeiträge) zu verteilen. Da der Beitragssatz einheitlich ist, kann der Wettbewerb der Kassen nicht mehr über die Versichertenstruktur ausgetragen werden. Kassen mit älteren, krankeren und beitragsschwächeren Mitgliedern waren in der Vergangenheit im Nachteil. Besonders Betriebskrankenkassen mit jüngeren, besser verdienenden und gesünderem Klientel haben gezielt mit ihrem günstigen Beitragssatz um Mitglieder geworben.
Der SPD war dieses immer ein Dorn im Auge. Daher begrüßen wir die noch in der großen Koalition beschlossenen Einheitsbeiträge und den Gesundheitsfonds. Der Wettbewerb heute entscheidet sich über die Qualität des Angebotes und die Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung der Krankenkassen. Das es hierbei zu Fusionen kommen oder gar einige Kassen insolvent werden können, war mir bewusst. Viele Bürger klagen regelmäßig über die zu hohe Anzahl von Krankenkassen. Vor diesem Hintergrund kann ich Klagen über die derzeitige Entwicklung nicht nachvollziehen. Dies gilt umso mehr, zumal sichergestellt ist, dass alle Mitglieder einer insolventen Kasse von den anderen aufgenommen werden müssen (Kohäsionszwang!).
Eine Diskreditierung der GKV gegenüber der PKV kann ich nicht erkennen. Als SPD setzen wir uns ungeachtet dessen weiter für eine Bürgerversicherung - sprich ein Ende des Zweiklassensystems - ein.
Für den Fall, dass der Gesundheitsfond am Jahresende tatsächlich einen hohen Überschuss erwirtschaftet, sollte dieser (zumindest teilweise) dazu genutzt werden, den Krankenkassenbeitrag für die Arbeitnehmer zu reduzieren. Dieses wäre gerecht, zumal die Arbeitnehmer dank der schwarz-gelben Gesundheitsreform alle zukünftigen Beitragssteigerungen per Zusatzbeitrag alleine tragen müssen.
In der Hoffnung ihre Fragen hinreichend beantwortet zu haben verbleibe ich
mit freundlichen Grüßen
Ingrid Arndt-Brauer, MdB