Frage an Ingrid Arndt-Brauer von Christian D. bezüglich Energie
Hallo Frau Arndt-Brauer,
meine Frau und ich legen jeden Tag ca. 200 km mit 2 PKW zurück, um unsere Arbeitsplätze zu erreichen. Bei den Benzinpreisen kann sich jeder schnell ausrechnen, wieviel Benzinkosten wir monatlich haben.
Bei den Benzinpreisen wird immer nur davon gesprochen, dass Mineralölkonzerne, ein hoher Ölpreis oder der Hurrikan in Amerika Schuld an den hohen Preisen sind. Aber das ca. 80 % Steuern darin enthalten sind, davon spricht kaum jemand. Das heißt im Klartext: Wenn der Mineralölkonzern nur einen Cent mehr pro Liter Benzin haben muss, verteuert sich der Liter um 5 Cent, 4 Cent für den Staat.
Mit anderen Worten: Mit jedem Preisanstieg freut sich der Staat, dass er ganz einfach wahnsinnig hohe Mehreinnahmen hat.
Jetzt meine Frage:
Wie sollen wir mit unserem Einkommen die Binnenwirtschaft fördern durch mehr Konsum, wenn der Staat uns mit der Mineralölsteuer schröpft und gleichzeitig noch die Pendlerpauschale streicht?
Gruß
Christian Domhöver
PS: die gleiche Frage schicke ich zu allen Direktkandidaten im Wahlkreis
Sehr geehrter Herr Domhöver,
vielen herzlichen Dank für Ihre Frage. Die hohen Benzinpreise werden zur Zeit viel diskutiert und sorgen für Ärger an den Tankstellen. Ohne Frage belasten sie das Budget aller Bürger, die Autofahren (müssen), allen voran Berufspendler, wie sie es sind. Mir ist bewusst, dass hohe Öl- und Benzinpreise sich schwächend auf die Binnenkonjunktur auswirken. Dennoch lehne ich ein Absenken von Mineralöl- und Ökosteuer ab. Die Einnahmen der Ökosteuer fließen zu 90 % in die Rentenkassen und reduzieren die Lohnnebenkosten. Von der Senkung der Rentenbeiträge profitieren Arbeitnehmer, sie haben mehr netto was die Binnennachfrage stärkt - und Arbeitgeber gleichermaßen. Die Mineralölsteuereinnahmen werden ebenfalls dringend benötigt. Jeder Autofahrer/Autofahrerin braucht eine intakte Verkehrsinfrastruktur, d.h. quantitativ und qualitativ hochwertige und in ausreichendem Maße vorhandene Straßen, die auch unterhalten und gepflegt werden müssen. Diese unabdingbaren Leistungen gibt es nicht zum Null-Tarif. Auch muss der Staat für die Schäden an Umwelt und Gesundheit durch Lärm, Abgase, Verkehrsunfälle etc. aufkommen, bzw. investieren, damit diese reduziert werden (z.B. Lärmschutzverbauuungen, Tunnelbauten etc.). Wer die Mineralölsteuer reduzieren will, muss sagen, wie er all dieses alternativ finanzieren will, sprich, welche Steuer denn im Gegenzug angehoben werden soll.
Grundsätzlich finde ich es richtig und sogar notwendig Energieverbrauch angemessen zu besteuern. Die Senkung von energiebezogenen Steuern streut den Bürgern Sand in die Augen und wägt ihn in völlig falscher Sicherheit. Um es klar zu sagen: Fossile Energieträger wie Kohle, Öl, Erdgas, aber auch Uran sind endlich. Sie werden in den nächsten Jahren, bei weltweit stark steigendem Verbrauch, immer knapper und infolge der Marktgesetze dann auch deutlich teurer. Schon seit 20 Jahren liegen die Ölneufunde unter den Steigerungsraten des weltweiten Verbrauchs. Bereits in diesem Jahrzehnt ! wird das Fördermaximum erreicht sein und der Verbrauch (China, Indien etc.) wächst weiter. Kurzfristige Steuersenkungen beim Mineralverbrauch führen letztendlich zu sorgloserem Verhalten der Verbraucher, also z.B. zu mehr Autoverkehr, zu mehr Verbrauch und damit lediglich zu einer Beschleunigung der bevorstehenden Verknappung fossiler Brennstoffe - das "böse Erwachen" kommt dann umso plötzlicher.
Ein weiterer oft vernachlässigter, meiner Meinung nach aber ausgesprochen zentraler Effekt einer angemessenen Energiebesteuerung ist, dass energiebezogene Steuern erhebliche Anreize für die Industrie darstellen, die Entwicklung technischer Innvationen zur Senkung des Energieverbrauchs zu beschleunigen. Ich denke beispielsweise an die Entwicklung benzinsparender PkW-Motoren. Produkte mit hoher Energieeffizienz werden auf Binnen- und Weltmarkt in Zukunft zunehmend stärker nachgefragt werden. In den kommenden Jahren und Jahrzehnten wird es von sehr großer Bedeutung für Wirtschaft und auch Wohlstand in Deutschland sein, mit Energiespartechnik auf dem Weltmarkt (mit-)führend zu sein. Die Entwicklung sparsamerer Heizungssysteme, Haushaltsgeräte und Autos wird auch Sie als Verbraucher zunehmend in die Lage versetzen, die Kosten steigender Energiepreise auszugleichen.
Zukunftsgewandte und nachhaltige Energiepolitk (Stichwort: Klimawandel) darf sich nicht als populistischer, aktionistischer Reparaturbetrieb einer, sowohl ökonomisch als ökologisch, nicht mehr dauerhaft tragfähigen Energieversorgung verstehen. Auf keinen Fall sollten wir uns der Illusion hingeben, dass Energie jemals wieder billig zu haben sein wird. In meiner Antwort an Herrn Koopmeiners vom 24.8.2005 (an mich gerichtete Frage 3 bei "Kandidatenwatch") habe ich Ursachen der Energiepreise, die Zukunftsaussichten und die energiepolitischen Strategien der SPD-Fraktion ausführlich dargelegt. Sie können meine dortigen Ausführungen gerne nachlesen.
Was Politik jetzt aber kurzfrisitg tun kann und sollte, ist die Situation für die Betroffenen, vor allem Pendler, nicht noch schwieriger zu machen, als sie es durch Preissteigerungen ohnehin vielfach jetzt ist. Mehrwertsteuererhöhungen und eine Kürzung der Pendlerpauschale, wie von der CDU/CSU, FDP beabsichtigt, lehne ich angesichts der Preisentwicklung bei Benzin und Öl daher ab.
Mit freundlichen Grüßen
gez. Ingrid Arndt-Brauer