Frage an Ilona Deckwerth von Ludwig F.
Warum ist die Inklusion besser als Unterricht in Sonderschulen
Sehr geehrter Herr F.,
Menschen mit Behinderung hatten in früheren Zeiten kaum eine Chance auf Förderung. Oft genug wurden sie in die Ecke gedrängt oder sogar versteckt. Es gab lange Zeit nur einige große Einrichtungen, die im Geiste der Barmherzigkeit im 19. Jahrhundert entstanden sind und sich um Hilfsbedürftige kümmerten. Ursberg und die Herzogsägmühle sind solche Einrichtungen in unserer Nähe. Erst in den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts hat man begonnen, grundsätzlich allen Menschen mit Behinderung das Recht auf eine Förderung, auf einen Schulbesuch, auf ein selbstständiges Leben und Arbeiten zuzugestehen. So entstanden viele Sondereinrichtungen aus dem Bemühen heraus, den Betroffenen zu helfen.
Heute leben wir im Zeitalter der Teilhabe und Inklusion. Das Grundrecht auf Inklusion hat inzwischen Eingang in die Vorstellungswelt der Menschen und der Politik gefunden. Wenn Menschen mit Behinderung dies möchten, sollen sie ganz normal mit anderen Menschen zusammen leben, arbeiten oder wohnen können, ohne separiert zu werden. Die nötige Unterstützung, die sie wegen ihrer Behinderung benötigen, muss ihnen bereit gestellt werden und kann z.B. ambulant erfolgen.
Man weiß, dass Kinder zu einem großen Teil von Gleichaltrigen lernen. Werden Kinder mit Behinderung in eigenen Fördereinrichtungen zusammengefasst, fehlt ihnen das Vorbild der anderen nichtbehinderten Kinder. Dagegen können in Klassen mit unterschiedlichen Leistungsniveaus die Kinder von- und miteinander lernen. Leistungsstärkere Kinder können anderen etwas lehren (eine zentrale pädagogische Weisheit ist, dass man das, was man anderen lehrt, dadurch selber besser lernt). Leistungsschwächere Kinder können von den anderen lernen. Allerdings dürfen solche gemischten Klassen nicht zu groß werden. Es braucht auch genügend pädagogisches Personal und das Wissen um inklusive Pädagogik und Didaktik.
Förderschulen haben lange Zeit eine wichtige Rolle gespielt, denn sie haben vielen Kindern überhaupt erst eine Chance eröffnet. Heute können und müssen wir aber einen Schritt weiter gehen und die Chancen einer inklusiven Schulzeit für alle ermöglichen. Darum müssen wir alles tun, also genügend pädagogisches Personal, geeignete, barrierefreie Räume und entsprechendes Lernmaterial zur Verfügung stellen, um zu ermöglichen, dass Inklusion an Schulen gelingt. Zum Wohle aller Kinder!
Mit freundlichen Grüßen
Ilona Deckwerth, MdL