Wieso tritt Ihre Regierung nach den Schwächsten, wie die jetzt beschlossenen Verschärfungen beim Bürgergeld erneut zeigen, anstatt für mehr soziale Teilhabe, Chancen und Gerechtigkeit zu sorgen?
Sehr geehrter Herr Heil,
das Bürgergeld sollte nach all der berechtigten Kritik an Hartz IV nicht nur eine Namensänderung sein - Sie versprachen einen Dialog auf Augenhöhe zwischen Staat und Bürger:innen und Unterstützung statt Sanktionen. Davon ist nach der aktuellen Haushaltseinigung nichts mehr übrig: Mehr Sanktionen, pauschale Unterstellungen und Abwertungen von Bürgergeld-Bezieher:innen sowie unzumutbare Arbeitswege sind hervorzuheben (siehe etwa: https://taz.de/Verschaerfungen-beim-Buergergeld/!6020615/). Haben Sie aus den katastrophalen Ergebnissen der Europawahl nichts gelernt? Dieses Land braucht mehr sozialen Ausgleich und Gerechtigkeit und nicht ein weiteres Auseinanderdriften von Arm und Reich! Begraben Sie das unerträgliche Narrativ der faulen Bürgergeld-Bezieher:innen! Die meisten Menschen sind aus anderen Gründen notgedrungen in Bezug, etwa aufgrund chronischer Erkrankungen, wo die Rentenversicherung die Anerkennung verweigert oder nach persönlichen Schicksalsschlägen.
Sehr geehrte Frau S.
vielen Dank für Ihre Nachricht.
Sie sprechen mit Ihrer Frage die von der Bundesregierung am 5. Juli 2024 vorgestellte Wachstumsinitiative an. Auch mit diesen Beschlüssen bleibt das Bürgergeld eine Leistung für die Menschen, die in Not geraten und erwerbsfähig und hilfebedürftig sind – und ihre Familien. Die Leitideen des Gesetzes - zum Beispiel die Stärkung der partnerschaftlichen Zusammenarbeit anhand des Kooperationsplans - bleiben erhalten. Denn die allermeisten Menschen im Bürgergeldbezug, die erwerbsfähig sind, wollen arbeiten und sind von Leistungsminderungen nicht betroffen. In Einzelfällen muss nachgesteuert werden. Deswegen gab es im Bürgergeld schon immer Mitwirkungspflichten und auch Leistungsminderungen. Also: Dass es beim Bürgergeld somit künftig mehr Zielgenauigkeit geben soll, das ist richtig.
Die Anpassungen beim Bürgergeld sollen für mehr Verbindlichkeit, mehr Integrationen in Arbeit und mehr Fairness im Sozialstaat sorgen. Damit reagiert die Bundesregierung auch auf den zunehmenden Fach- und Arbeitskräfteengpass in Deutschland und Rückmeldungen der Praxis. Geplant ist, zügigere Ausbildungs- und Arbeitsaufnahmen zu erreichen und eben deutlichere Rechtsfolgen bei fehlender Mitwirkung vorzusehen. Darüber hinaus sollen noch klarere Regeln zu Konsequenzen bei Schwarzarbeit das faire Miteinander im Sozialstaat stärken.
Die Jobcenter unterstützen auch weiterhin aktiv Menschen, um sie aus der Bedürftigkeit in Arbeit zu bringen. Denn viele von ihnen haben Vermittlungshemmnisse, sind langzeitarbeitslos oder haben keinen verwertbaren Berufsabschluss. Ihnen helfen die Jobcenter, sich weiterzubilden oder zu qualifizieren, damit sie dauerhaft in Arbeit kommen. Wie dies gelingt, können Sie auf der Internetseite www.sgb2.info sehen.
Im Übrigen haben Sie völlig Recht: Wir dürfen gesellschaftliche Gruppen nicht gegeneinander ausspielen, also zum Beispiel Geringverdiener gegen Bedürftige. Damit geht es keinem besser. Wir müssen dafür sorgen, dass Arbeit sich mehr lohnt. Die richtigen Stellschrauben dafür: Mindestlohn weiterentwickeln und Tarifbindung stärken!
Mit freundlichen Grüßen
Hubertus Heil, MdB