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Hubertus Heil
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Frage von Siegfried H. •

Warum wird beim Grundrentenzuschlag das Einkommen von vor 2 Jahren angerechnet, welches in der Regel nicht mehr vorhanden ist?

Sehr geehrter Herr Heil,
Ihr viel gepriesenes Gesetz zum Grundrentenzuschlag, erweist sich als eine Mogelpackung, die überall, bei den Rentnern und sogar bei dem Angestellten der Rentenversicherungen, nur fragendes Kopfschütteln versursacht.
Den Zuschlag erhält nämlich nur, wer 2 Jahre zuvor gewisse Einkommengrenzen nicht überschritten hat. Wenn ein bis zuletzt berufstätiger Neu-Rentner seine Rente ab Dezember beantragt, kann es sein, dass er im ungünstigsten Fall erst nach 3 Jahren in den Genuss des Grundrentenzuschlags kommt, weil er 2 Jahre zuvor und im laufenden Jahr über die Einkommensgrenze hinaus verdient hat. Jedes Jahr wird der Anspruch erneut geprüft und immer das vorletzte Jahr für das anzurechnende Einkommen zugrundegelegt.
Dieses Einkommen ist aber in den meisten Fällen aber bereits aufgebraucht und steht dem Neurentner nicht mehr zum Leben zur Verfügung.
Welchen Sinn macht der Grundrentenzuschlag dann eigentlich noch und wo ist da noch ein sozialer Aspekt zu erkennen ??

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Sehr geehrter Herr H.,

vielen Dank für Ihre Nachricht.

Das Ziel der Einkommensanrechnung ist es, die Grundrente zielgenau am Bedarf auszurichten, ohne für die Rentnerinnen und Rentner eine bürokratische Belastung zu schaffen. Deshalb wird auf eine aufwändige Bedürftigkeitsprüfung mit Offenlegung der aktuellen Einkommens- und Vermögensverhältnisse, wie beispielsweise in der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, verzichtet. Anders als die Grundsicherung dient die Grundrente nicht der Existenzsicherung, sondern ist ein Element der Sozialversicherung zur Anerkennung langjähriger Pflichtbeitragszahlung bei niedrigeren Einkommen. Die Einkommensanrechnung bei der Grundrente erfolgt daher weitgehend auf Basis des zu versteuernden Einkommens und bestimmter Freibeträge.

Um dies für die Bürger*innen so einfach wie möglich zu gestalten, werden die bei den Finanzbehörden bereits vorliegenden Einkommensdaten automatisiert abgerufen, sodass grundsätzlich keine Papiere eingereicht und Anträge gestellt werden müssen. Den Finanzbehörden liegen aber die Veranlagungsdaten in der Regel zwei Jahre nach Ablauf des Veranlagungszeitraums vor. Um die Grundrentenberechtigten unabhängig vom Zeitpunkt der Abgabe ihrer Einkommensteuererklärung gleich zu behandeln, wird grundsätzlich auf das zu versteuernde Einkommen des vorvergangenen Kalenderjahres abgestellt. Liegen für das vorvergangene Jahr keine Daten bei der Finanzbehörde vor, sind ersatzweise die Festsetzungsdaten des vorvorvergangenen Kalenderjahres zu berücksichtigen.

Ein Abweichen von diesem automatisierten Datenabrufverfahren zwischen den Trägern der Rentenversicherung und den Finanzbehörden ist vor der oben erläuterten Zielsetzung der Einkommensanrechnung bei der Grundrente nicht vorgesehen und würde für die Rentnerinnen und Rentner sowie die Rentenversicherungsträger einen erheblichen Verwaltungsmehraufwand mit sich bringen. Gerade ältere Menschen profitieren vom bürgerfreundlichen Datenabruf. Sie sollen nicht mit zusätzlichen bürokratischen Anstrengungen belastet werden.

Einmal jährlich wird die Einkommensanrechnung auf den Grundrentenzuschlag überprüft. Einkommensänderungen, die im automatisierten Abrufverfahren jeweils bis zum 31. Oktober bei den Trägern der Rentenversicherung vorliegen, sind dann vom darauffolgenden 1. Januar an zu berücksichtigen. Der Einkommensprüfung sind die Festsetzungsdaten zugrunde zu legen, die jeweils bis zum 30. September für das vorvergangene Kalenderjahr bei den Finanzbehörden vorliegen.

Durch die jährliche Überprüfung der Einkommensanrechnung wird sichergestellt, dass Einkommensänderungen, wie beispielsweise die Aufgabe der Beschäftigung, bei der Berechnung des Grundrentenzuschlags berücksichtigt werden. Niedrigeres, aber andererseits auch höheres Einkommen kann sich durch das beschriebene Verfahren erst verzögert auswirken.

Mit freundlichen Grüßen
Hubertus Heil

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