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Hubertus Heil
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Frage von Dagmar R. •

Wann werden in der Grundsicherung nach SGB XII endlich die Hinzuverdienstgrenzen angehoben? Dabei sollte auch endlich die Benachteiligung gegenüber ALG II-Beziehern aufgehoben werden.

Die vorstehende Frage richte ich nicht nur an Sie, Herrn Heil, sondern auch an Herrn Lindner! Vor Jahren nämlich hat sich die FDP schon einmal für eine Erhöhung der Hinzuverdienstgrenzen in der Grundsicherung stark gemacht. Hat die FDP diese Position aufgegeben? - Menschen (wie ich), die von ihrem Einkommen (in meinem Fall von der kleinen Rente) nicht leben können, sind häufig gezwungen hinzuzuverdienen, um ihre Finanzen aufzubessern. Reicht das Geld dann immer noch nicht, so bleibt ihnen dennoch nur noch der demütigende Gang zum Sozialamt, um Grundsicherung zu beantragen. Aber die Bereitschaft, durch den Hinzuverdienst die Staatskasse zu entlasten, sollte stärker belohnt werden, d. h. die Anrechnung auf die Grundsicherung ist zu verbessern. Ferner ist die Benachteiligung gegenüber "Hartz 4"-Empfängern, die von ihrem Einkommen mehr Geld behalten dürfen, zu beseitigen; sie ist ungerecht. Wir sind keine LeistungsEMPFÄNGER, sondern LeistungsTRÄGER!!! Erhöhen Sie die Hinzuverdienstgrenzen!

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau R.,

ich danke Ihnen für Ihre Frage vom 27. März, auf die ich gerne antworten möchte.

Die Sozialhilfe stellt in unserem sozialen Rechtsstaat das unterste Netz der sozialen Sicherung dar. Sie soll demgemäß nur dann in Anspruch genommen werden, wenn alle anderen Hilfemöglichkeiten versagen. Vor diesem Hintergrund ist der Grundsatz der vorrangigen Deckung der eigenen Bedarfe durch eigenes Einkommen selbstverständlich.

Gleichwohl wird in der Sozialhilfe eigenes Erwerbseinkommen gegenüber anderen Einkommensarten seit langem privilegiert. Sofern ein derartiges Erwerbseinkommen erzielt wird, gilt folgende Regelung: Anrechnungsfrei ist nach § 82 Abs. 3 Satz 1 SGB XII bei Leistungsberechtigten in der Hilfe zum Lebensunterhalt sowie in der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung 30 % des Verdienstes aus einer Erwerbstätigkeit, was bedeutet, dass 70 % davon anspruchsmindernd anzurechnen sind. Um zu verhindern, dass bei den voll erwerbsgeminderten Beziehern von Hilfe zum Lebensunterhalt und in der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung Hinzuverdienste in unbegrenzter Höhe anteilig abgesetzt werden können, ist der anrechnungsfreie Betrag auf 50 Prozent der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 SGB XII begrenzt. Im Jahr 2022 beträgt diese Regelbedarfsstufe 449,00 €, so dass demnach erwerbstätige Leistungsberechtigte in der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung von dem aus einer Erwerbstätigkeit erzielten Erwerbseinkommen einen Betrag in Höhe von max. 224,50 € anrechnungsfrei behalten können, womit mitunter - abhängig von der Höhe des jeweiligen Erwerbseinkommens - Leistungsberechtigte im SGB XII gar nicht schlechter gestellt sind als jene im SGB II. Für ehrenamtliche Tätigkeit oder eine Arbeit im Rahmen des Bundesfreiwilligendienstes sieht das SGBXII sogar eine vollständige Freilassung von der Einkommensanrechnung bis zu einer monatlichen Grenze  von 250 Euro vor. Eine Änderung dieser Regelungen ist, auch vor dem Hintergrund des häufig langjährigen Bedarfes an Unterstützung durch die Solidargemeinschaft, zur Zeit nicht beabsichtigt.

Ich hoffe Ihnen mit dieser Antwort weitergeholfen zu haben.

Mit freundlichen Grüßen

Hubertus Heil

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