Könnte man beim Bürgergeld nicht mal umdenken und statt Sanktionen für Fehlverhalten, lieber Belohnungen für Bezieher, die sich bemühen einen Job zu bekommen, einführen?
Wer zu Terminen pünktlich erscheint oder sich ordentlich bewirbt, der bekommt Bonuszahlungen. So werden schon jahrelang Menschen im Berufsleben motiviert. Und wer eben nicht erscheint oder sich nicht bemüht, der bekommt halt nur das Existenzminimum, aber nicht weniger. Strafen schaffen meiner Meinung nach nur eine Angstkultur - mögliche Belohnungen motivieren hingegen. Zuckerbrot und Peitsche ist irgendwie nicht mehr zeitgemäß. Wer von Betrügern beim Bürgergeld spricht, der sollte auch von Betrügern beim Steuernzahlen reden. ;-)
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Sehr geehrter Herr B.
vielen Dank für Ihre Nachricht.
Auch wenn ich den Ansatz eines „Bonussystems anstelle von Minderungen“ gut nachvollziehen kann, ist dieser nicht mit den zentralen Elementen unseres Sozialstaates vereinbar.
Wer hilfebedürftig ist, dem gewährleistet der Staat ein menschenwürdiges Existenzminimum. Dies ist und bleibt ein Kernelement unseres Sozialstaats. Gleichzeitig ist es jedoch ein ebenso wichtiges Merkmal unseres Sozialstaates, dass diejenigen, die Leistungen des Staates in Anspruch nehmen, umgekehrt auch aktiv daran mitwirken müssen, dass sie finanziell möglichst schnell wieder auf eigenen Beinen stehen können. Das ist im Interesse der Gesellschaft, aber auch im Interesse jedes einzelnen erwerbsfähigen Bürgergeld-Berechtigten selbst.
Grundsätzlich sind daher alle Personen, die Bürgergeld erhalten, verpflichtet zumutbar mitzuwirken, um die Hilfebedürftigkeit zu beenden bzw. zu verkürzen. Dabei vertrete ich die Auffassung, dass es den Menschen sehr wohl zuzumuten ist, gewisse Pflichten zu erfüllen, ohne dafür gesondert belohnt zu werden.
Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 5. November 2019 (1 BvL 7/16) entschieden, dass der Staat grundsätzlich Leistungsminderungen zur Durchsetzung von Mitwirkungspflichten einsetzen darf. Lehnen Bürgergeld-Beziehende eine zumutbare Arbeit, Ausbildung oder Eingliederungsmaßnahme ohne wichtigen Grund ab (Pflichtverletzung) oder erscheinen ohne wichtigen Grund nicht zu vereinbarten Terminen (Meldeversäumnis), müssen sie daher mit einer Minderung des Bürgergeldes rechnen. An diesem Grundsatz des „Förderns und Forderns“ halten wir fest.
Was allerdings möglich ist und bereits auch gesetzlich umgesetzt wurde, ist ein (finanzieller) Anreiz um zum Beispiel Weiterbildungen, die zu einem Berufsabschluss führen, zu absolvieren. Mit einem monatlichen Weiterbildungsgeld und einer erfolgsabhängigen Weiterbildungsprämie soll gezeigt werden, dass sich Weiterbildung lohnt, auch finanziell. Es stellt einen zusätzlichen Anreiz dar, eine Weiterbildung aufzunehmen, durchzuhalten und erfolgreich abzuschließen. Denn mit einer erfolgreichen Weiterbildung werden die Chancen auf eine langfristige Beschäftigung erhöht und der Bedarf an Fachkräften gesichert.
Mit freundlichen Grüßen
Hubertus Heil, MdB