Der EuGH (C-311/21) entschied, dass Tarifparteien nicht einfach vom Equal-Pay-Grundsatz abweichen dürfen. Das BAG (5 AZR 143/19) hält Leiharbeitstarife dennoch für zulässig. Sie auch?
Wie passt das für Sie zusammen?
Ist das Thema für Sie damit abgeschlossen?
Was war für Sie das Hauptergebnis aus der Evaluation des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) und welche politischen Forderungen haben Sie daraus abgeleitet? (Download: https://www.bmas.de/DE/Service/Publikationen/Forschungsberichte/fb-614-evaluation-des-arbeitnehmerueberlassungsgesetzes.html)

Sehr geehrter Herr M.,
vielen Dank für Ihre Nachricht.
Das Bundesarbeitsgericht hat am 31. Mai 2023 entschieden, dass das vom Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen mit mehreren DGB-Gewerkschaften, einschließlich ver.di, geschlossene Tarifwerk zur Leiharbeit, das vom Grundsatz des gleichen Arbeitsentgelts „nach unten“ abweicht, den unionsrechtlichen Anforderungen des Artikel 5 Absatz 3 der Richtlinie 2008/104/EG (Leiharbeitsrichtlinie) genügt. Diese Entscheidung des höchsten deutschen Arbeitsgerichts respektiere ich.
Die von Ihnen angesprochene umfangreiche Evaluation des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes hat das BMAS bei unabhängigen Forschungsinstituten in Auftrag gegeben. Die Evaluationsergebnisse wurden Ende des Jahres 2022 veröffentlicht. Die Evaluation hat sich mit der Frage befasst, ob die mit der Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes zum 1. April 2017 verfolgten Ziele des Gesetzgebers erreicht wurden. Wesentliche Punkte der Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes waren die Einführung der Überlassungshöchstdauer von grundsätzlich 18 Monaten, die Stärkung des Equal Pay-Grundsatzes, die Stärkung der Tarifautonomie und der Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte der Betriebsräte, die Einführung eines Verbots Leiharbeitskräfte als Streikbrecher einzusetzen und die Abgrenzung der Leiharbeit von anderen Fremdpersonaleinsätzen. Ich bin der Überzeugung, dass wir unter den damaligen politischen Rahmenbedingungen viel für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erreicht haben, ohne die positiven beschäftigungspolitischen Wirkungen von Leiharbeit zu beschädigen. Seitdem ist sowohl die absolute Zahl der Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer als auch ihr Anteil an der Gesamtbeschäftigung erheblich zurückgegangen. Den Einsatz von Leiharbeit auf dem sich verändernden Arbeitsmarkt, die Arbeitsbedingungen von Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmern einschließlich des Arbeitsentgelts und die Auswirkungen auf die Stammbelegschaften müssen wir weiterhin genau beobachten. Nur so können wir Fehlentwicklungen entgegenwirken.
Mit freundlichen Grüßen
Hubertus Heil, MdB