Frage an Hubertus Heil von Ben L. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Ließe sich ein bedingungsloses Grundeinkommen realisieren?
Sehr geehrter Herr Letsch,
vielen Dank für Ihre Nachfrage zu dem Thema bedingungsloses Grundeinkommen.
Die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens ist ja schon länger in der politischen Diskussion ein Thema. Ich habe mich lange mit der Frage zu einer Einführung eines solchen Mechanismus auseinandergesetzt und kann verstehen, dass es Leute gibt, die das Konzept gut finden. Allerdings muss man dabei die Komplexität dieser Idee beachten und weitere Aspekte berücksichtigen, die in der politischen Debatte hier oft zu kurz kommen.
Ich merke in der Auseinandersetzung mit Befürwortern des bedingungslosen Grundeinkommens immer wieder, dass hier sehr unterschiedliche Konzepte unter einem Namen zusammengefasst werden. Zudem kommt immer wieder die Idee auf, dass Deutschland die Arbeit ausginge. Das ist nicht die Wahrheit. Wir werden in den nächsten Jahren durch die Digitalisierung erleben, dass sich die Arbeitswelt verändert. Es wird zwar andere Arbeit sein, aber die Arbeit geht nicht aus.
Auch darf nicht die soziale Dimension von Arbeit nicht vernachlässigt werden. Viele unterschätzen, wie wichtig für die meisten Menschen in Deutschland die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben durch Arbeit ist. Wenn man nach wie vor wollte, dass Arbeit in diesem Land einen Wert habe, sollte man sich konzentrieren, dass man wo immer es auch geht Menschen aus der Arbeitslosigkeit herausführe. So viele Menschen wie möglich in Arbeit zu bringen und zu halten – das ist mein Ziel.
Deshalb setze ich mich für einen starken und unbürokratischen Sozialstaat mit guter Grundsicherung sowie die Weiterentwicklung von Sozialsystemen ein.
Wie die Arbeit und der Sozialstaat in Zukunft aussehen sollen und wie die Visionen der SPD in diesem Bereich lauten, haben wir Ende 2019 in unserem Beschluss „Ein neuer Sozialstaat für eine neue Zeit“ festgehalten. Mit Blick auf Zukunft der Arbeit betonen wir dabei, dass Deutschland eine Arbeitsgesellschaft ist und bleiben wird. Durch den technologischen Wandel wird uns die Arbeit nicht ausgehen, sie wird sich nur stark und immer schneller verändern. Unsere Antwort darauf ist das „Recht auf Arbeit“. Das bedeutet, dass sich die Solidargemeinschaft dazu verpflichtet, sich um jeden Einzelnen zu kümmern und jedem Arbeit und Teilhabe zu ermöglichen – statt sich durch ein bedingungsloses Grundeinkommen von dieser Verantwortung freizukaufen.
Wir teilen das Anliegen, Einkommenssicherheit im Lebensverlauf und mehr Zeitsouveränität zu schaffen. Doch wir halten das bedingungslose Grundeinkommen für falsch, denn es wird den Bedürfnissen der meisten nicht gerecht. Aus dem „Recht auf Arbeit“ hingegen leitet sich für den Einzelnen eine Vielzahl von konkreten Ansprüchen ab, die zu seiner jeweiligen Lebenssituation passen.
Das „Recht auf Arbeit“ konsequent durchzubuchstabieren heißt für uns auch, einige Gewissheiten der vergangenen 20 Jahre auf den Prüfstand zu stellen und den Sozialstaat neu zu denken. Und das heißt schließlich: Der Sozialstaat muss den Einzelnen und sein Schicksal respektieren. Er muss Instrumente schaffen, die den individuellen Anforderungen und unterschiedlichen Problemstellungen der Menschen gerecht werden.
Alle Informationen dazu finden Sie hier https://www.spd.de/aktuelles/sozialstaat/
Ich hoffe Ihnen mit meiner Antwort weitergeholfen zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Hubertus Heil