Frage an Hubertus Heil von Hans-Jürgen M. bezüglich Außenwirtschaft
Sehr geehrter Herr Minister Heil,
Sie arbeiten an dem Lieferkettengesetz, das Menschenrechte durchsetzen und Umweltschäden verhindern soll. Wie werden Sie bewerkstelligen, das es nicht so ein elende aufgeweichtes Gesetz wird, wie das Mindestlohngesetz, das ja leider nicht tatsächlich greift, da die Haftung von Firmen durch entsprechende Verträge an den letztlich Handelnden in der Kette weitergereicht wird. Erste Prozesse sind mit Abfindungen an die Kläger ohne Urteil beendet worden.
Sehr geehrter Herr Mosbach,
vielen Dank für Ihre Frage zum Lieferkettengesetz.
Der Deutsche Bundestag hat am 11. Juni 2021 mit großer Mehrheit das Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten zur Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen in Lieferketten verabschiedet. Damit gibt es nun endlich in Deutschland ein Gesetz zur unternehmerischen Verantwortung für die Einhaltung von Menschenrechten, grundlegenden Arbeitnehmerrechten und Umweltstandards.
Deutschland ist die größte Volkswirtschaft Europas und drittgrößter Warenimporteur und -exporteur weltweit. Uns kommt daher besondere Verantwortung zu: Kinder-, Zwangsarbeit oder andere Menschenrechtsverletzungen in Liefer- und Wertschöpfungsketten deutscher Unternehmen passen nicht zu unserem Wirtschaftsmodell der sozialen Marktwirtschaft, das für gelebte Sozialpartnerschaft, freie Gewerkschaften, weitreichendes Arbeitsrecht und wirksamen Arbeitsschutz steht. Es ist eine Frage der Glaubwürdigkeit, ob wir in einer global vernetzten Welt zu Missständen beitragen, die wir bei uns in Deutschland und in Europa nicht akzeptieren wollen.
Dabei geht es um vorausschauendes Handeln, damit es nicht zu Menschenrechtsverletzungen bei der Herstellung ihrer Produkte kommt. Wird dem Unternehmen ein Missstand in der Lieferkette bekannt, ist es verpflichtet, für Abhilfe zu sorgen. Dabei sind auch Umweltbelange relevant, zum einen wenn sie zu Menschenrechtsverletzungen führen (z.B. vergiftetes Wasser) und wenn es darum geht, gefährliche Stoffe für Mensch und Umwelt (wie z.B. Quecksilber oder durch die Ausfuhr gefährlicher Abfälle) zu verbieten. Konkret bezieht sich das Gesetz auf drei Umwelt-Übereinkommen: auf das Stockholmer Übereinkommen über langlebige organische chemikalische Schadstoffe, auf das Basler Übereinkommen über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle und ihrer Entsorgung und auf das sogenannte Miamata-Übereinkommen über die Verwendung von Quecksilber.
Das Gesetz stärkt Opfer von Menschenrechtsverletzungen, die Zivilgesellschaft und betriebliche Mitbestimmung: Unternehmen müssen den Wirtschaftsausschuss beteiligen, wenn Fragen des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes berührt sind. Damit stärken wir die Mitberatungsrechte der Betriebsräte. Opfer können sich darauf verlassen, dass sich der Staat für ihre Rechte stark macht. Zukünftig bekommen Nichtregierungsorganisationen und Gewerkschaften die Möglichkeit, Betroffene vor Gericht zu vertreten (Prozessstandschaft). Eine staatliche Kontrollbehörde muss gemeldeten Sorgfaltsverletzungen von Unternehmen nachgehen.
Das Gesetz bekommt Zähne. Wir gewährleisten seine effektive Durchsetzung durch eine starke Kontrollbehörde, die Unternehmen auf die Finger schaut mit Vor-Ort-Kontrollen in Unternehmen und Bußgeldern bei Verstößen – aber auch mit substantiellen Unterstützungsangeboten. Unternehmen, gegen die aufgrund von Verstößen gegen die Sorgfaltspflicht ein Bußgeld verhängt wird, sollen bis zu drei Jahre von öffentlichen Ausschreibungen ausgeschlossen werden. Die Zahl der deutschen Unternehmen, die die Standards bereits von sich aus einhalten, ist bereits stark gestiegen. Immer mehr werden jetzt folgen, damit der Schutz von Menschenrechten in deutschen Unternehmen zum Standard wird.
Ich hoffe ich konnte Ihnen mit meiner Antwort weiterhelfen.
Mit freundlichen Grüßen
Hubertus Heil