Frage an Hubertus Heil von Peter B. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Warum glauben Sie, dass Ihr Konzept der Grundrente den Armen hilft und gerecht ist? Die FAS am 10. Febr. 2019 hat Ihr Konzept mit der Artikelüberschrift "Die Respektrente taugt nichts", kommentiert. Mich würde interessieren, wie Sie die in dem Artikel genannten Fallbeispiele bewerten und wie Sie die dort unterlegten Argumente widerlegen, dass Ihr Vorschlag den Armen wenig hilft, neue Ungerechtigkeiten schafft und den Steuerzahlern jährlich mindestens 5 Mrd. Euro zusätzlich kostet.
Ich frage Sie auch, warum Sie nicht zuerst alte Ungerechtigkeiten für die Rentner aus dem sogenannten Modernisierungsgesetz 2004 unter Federführung Ihrer SPD beseitigen wollen, nämlich die volle KV- und PV-Verbeitragung der Direktversicherungen, Betriebsrenten und anderer betrieblicher Altersvorsorgeverträge (Entgeltumwandlungen). Und erst dann sich für neue soziale Wohltaten, wie die Grundrente einsetzen.
Sehr geehrter Herr B.,
vielen Dank für Ihre Nachricht bezüglich der Grundrente und der Doppelverbeitragung von Betriebsrenten.
Zuerst möchte ich auf den zweiten Punkt eingehen. Ich habe mich viele Jahre dafür eingesetzt, dass der volle Beitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung abgeschafft oder zumindest erheblich reduziert wird.
Umso mehr freue ich mich, dass wir uns mit dem Koalitionspartner CDU/CSU darauf einigen konnten, für Betriebsrenten einen Freibetrag einzuführen, innerhalb dessen keine Krankenversicherungsbeiträge aus Betriebsrenten mehr zu leisten sind. Dies bedeutet, dass seit dem 01. Januar 2020 erst ab dem ersten Euro oberhalb des Freibetrags Krankenversicherungsbeiträge fällig werden. Der Freibetrag ist dynamisch ausgestaltet und beträgt in diesem Jahr rund 160 Euro monatlich.
Im Ergebnis ist also auf Betriebsrenten bis ca. 320 Euro monatlich - das sind derzeit circa 60 Prozent aller Betriebsrenten - höchstens der halbe Krankenversicherungsbeitrag zu zahlen. Auch für die übrigen 40 Prozent höheren Betriebsrenten sinkt die Beitragsbelastung um circa 300 Euro im Jahr.
Und nun zum Thema Grundrente. Das Kabinett hat am 19. Februar 2020 nach langen Verhandlungen die Grundrente beschlossen. Das ist ein richtiger und wichtiger sozialpolitischer Schritt im Kampf gegen Altersarmut. Mit der Grundrente sorgen wir dafür, dass die Menschen sich auf das Kernversprechen des Sozialstaats verlassen können: Wer jahrzehntelang in die Rentenversicherung eingezahlt hat, wird auch im Alter besser dastehen. Das ist eine Frage der Gerechtigkeit. Die Grundrente kommt 1,3 Millionen Menschen zugute, viele davon sind Frauen.
Arbeit muss sich lohnen - auch in der Rente. Bei der Grundrente geht es um die Anerkennung der Lebensleistung für langjährige Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung: Wer beim regulären Übergang in die Altersrente mindestens 33 Jahre sozialversicherungspflichtig beschäftigt oder sozialversicherungspflichtig selbstständig tätig war, der soll im Alter eine spürbar höhere Rente haben. Für viele Menschen, die wenig verdient haben, die Kinder großgezogen oder Angehörige gepflegt haben, ist das oft aber nicht die Realität. Doch die Menschen haben nach einem Leben voller Arbeit eine anständige Rente verdient. Grundlage dafür sind anständige Löhne. Deshalb machen wir uns für gute Löhne und eine breite Tarifbindung stark. Allerdings hilft das nicht denjenigen, die bisher zu geringen Löhnen gearbeitet haben. Für sie brauchen wir eine Lösung.
Die Grundrente arbeitet nicht nach dem Gießkannenprinzip und ist nicht ohne Anforderungen zu erhalten. Doch sie ist eine Wertschätzung von Bürgerinnen und Bürger die ein Leben lang hart gearbeitet haben. Sie haben sich die Grundrente verdient, nicht weil sie bedürftig sind, sondern weil sie Leistungsträgerinnen und Leistungsträger unserer Gesellschaft sind.
Ich hoffe ich konnte Ihnen mit meiner Antwort weiterhelfen.
Mit freundlichen Grüßen
Hubertus Heil