Frage an Hubertus Heil von André B. bezüglich Soziale Sicherung
Guten Tag, Herr Heil.
Allgemein bekannt ist, dass in der Pflege an Sonn- und Feiertagen, sowie nachts gearbeitet wird. Azubis in der Pflege erhalten hierfür Zuschläge zu ihrem Ausbildungsgehalt. Anders Azubis, die im selben Ausbildungsbetrieb mit einem Bildungsgutschein vom Jobcenter gefördert werden. Auch sie sind, wie ihre Mitschüler, für Arbeiten an Wochenenden, Feiertagen und am Abend eingesetzt, erhalten hierfür aber keine Zuschläge, sondern weiterhin den normalen Hartz4-Satz. Wie ist das mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz vereinbar? Empfinden Sie das als gerecht oder sind Sie der Meinung, dass Betroffene dies als gerecht empfinden sollten in einer Zeit, wo dringend Pflegepersonal benötigt wird?
Sehr geehrter Herr B.,
vielen Dank für Ihre Nachricht und Ihre Vorschläge zur Vergütung von Auszubildenden in der Pflege.
Die derzeitige Regelung hat folgenden Hintergrund, den ich Ihnen gerne erläutern möchte:
Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) dürfen von Gesetzes wegen nur erbracht werden, soweit Leistungsberechtigte diese für die Bestreitung ihres Lebensunterhalts benötigen (Sicherung des Existenzminimums). Dies gilt auch für die Dauer der Teilnahme an einer Maßnahme zur Förderung der berufsabschlussbezogenen Weiterbildung.
Bei der Frage, warum bei der Zahlung von Ausbildungsentgelt Unterschiede bestehen zwischen Auszubildenden und Umschülern, die vom Jobcenter über einen Bildungsgutschein gefördert werden, ist auf Folgendes hinzuweisen:
Auszubildende, die eine Ausbildung zu einem anerkannten Ausbildungsberuf nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) absolvieren, haben einen gesetzlichen Anspruch auf ein angemessenes Ausbildungsentgelt nach § 17 BBiG. Diese Regelung findet auf Umschulungsverhältnisse, auch solche betrieblicher Art, keine Anwendung. Ein Umschulungsvertrag begründet i.d.R. auch kein Arbeitsverhältnis, so dass auch kein Arbeitsentgelt zu zahlen ist. Enthält der Umschulungsvertrag keine Vergütungsregelung, so besteht grundsätzlich keine Vergütungspflicht des Ausbildenden. Dies entspricht der gesetzgeberischen Konzeption, da der Gesetzgeber des Berufsbildungsgesetzes davon ausging, dass Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes bei einer Umschulung von der Bundesagentur für Arbeit bzw. vom Jobcenter erbracht werden.
Allerdings sehen die Fachlichen Weisungen der Bundesagentur für Arbeit (BA) zur beruflichen Weiterbildung im SGB II vor, dass bei einer betrieblichen berufsabschlussbezogenen Weiterbildung stets geprüft werden sollte, ob die Zahlung einer angemessenen Ausbildungsvergütung durch den Betrieb während der Weiterbildung sinnvoll ist, um gegebenenfalls zusätzliche Anreize für die Teilnehmenden zu schaffen und eine Ungleichbehandlung mit Auszubildenden zu vermeiden.
Erhalten Umschüler hiernach eine Ausbildungsvergütung, so wird diese, einschließlich evtl. Zu-schläge, unter Beachtung der Einkommensfreibeträge auf das Arbeitslosengeld II angerechnet. Der Gleichheitsgrundsatz ist insofern nicht tangiert. Ergänzend weise ich davon hin, dass während der Weiterbildungsmaßnahme nach dem SGB II im Bedarfsfall nicht nur die Leistungen zum Lebensunterhalt sowie die Kosten für Unterkunft und Heizung übernommen werden, sondern auch alle Kosten, die durch die Weiterbildung entstehen (insbesondere Lehrgangskosten, Fahrkosten, Kosten für auswärtige Unterbringung, Kosten für die Betreuung von Kindern). Darüber hinaus können die Teilnehmerinnen und Teilnehmer Prämien für bestandene Zwischen- und Abschlussprüfungen erhalten.
Außerdem bitte ich Sie, auch zu bedenken, dass die Teilnehmerin/der Teilnehmer an der Bildungsmaßnahme in die Lage versetzt wird, künftig ihren/seinen Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln (Arbeitseinkommen) zu bestreiten.
Ich hoffe Ihnen mit meiner Antwort weitergeholfen zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Hubertus Heil