Frage an Hubertus Heil von Tobias B. bezüglich Finanzen
Hallo Herr Heil,
in der Sendung Hart aber Fair wurde das Thema Börsenumsatzsteuer nur kurz angerissen und von Ihnen abgewissen, dass diese Steuer die Riesterrente betrifft.
Werden bei einer Einführung der Börsenumsatzsteuer nun Riester-Fondsparpläne (Aktienbasirend wie z.b DWS Toprente) direkt oder indirekt nachteilig betroffen sein?
Gruß
Tobias B.
Sehr geehrter Herr Bodenstein,
vielen Dank für Ihre Anfrage auf abgeordnetenwatch.de, auf die ich Ihnen gerne antworten möchte.
Sie fragen, ob die Börsenumsatzsteuer nicht in erster Linie den „kleinen Sparer“ belastet. Das Ziel einer Börsenumsatzsteuer (und in noch stärkerem Maß einer Finanztransaktionssteuer, welche für alle Finanzprodukte gilt) ist die Bekämpfung kurzfristiger Finanzspekulationen, d.h. dass Geld in sehr kurzer Zeit in Anlageformen investiert und wieder abgezogen wird. Derartige kurzfristige Finanzspekulationen schaden Volkswirtschaften, weil Volkswirtschaften langfristige, verlässliche Investitionen benötigen, um damit nachhaltig wirtschaften zu können. Durch die Börsenumsatzsteuer wird nicht der „kleine Sparer“ belastet. Denn die Börsenumsatzsteuer zahlt nicht der Riester-Sparer, sondern die Börse!
Die SPD hat bei der Börsenumsatzsteuer einen Steuersatz von 0,5 % und einen Freibetrag von 1.000 Euro pro Jahr vorgeschlagen. Ferner ist der Satz von 0,5% so gering, dass ein Sparer, der langfristig in Aktien investiert, davon nicht getroffen wird. Von den der 12,4 Mio. Riester-Sparverträgen haben gerade einmal 2,4 Mio. einen Investmentfondsvertrag abgeschlossen. Über 80 % der Sparverträge hat mit Börsengeschäften nicht das Geringste zu tun! Es ist verantwortungslos von der Union, diese Sparer nun alle zu verunsichern.
Weiterhin ist anzumerken: Wir fördern die ergänzende private Vorsorge über die Riesterrente sowie den Wohnriester weiter. Dabei kann für zertifizierte Altersvorsorgeprodukte eine Zulage von bis zu 154 Euro/Single und 308 Euro/Ehepaar und ggf. ein Sonderausgabenabzug in Anspruch genommen werden. Die ergänzende Altersvorsorge wird durch die Börsenumsatzsteuer nach britischem Vorbild in Höhe von lediglich 0,5 % des Umsatzes eines Wertpapiergeschäfts auch deswegen nicht beeinträchtigt, da eine solide Altersvorsorge nicht auf hohe Umsätze, d. h. häufiges Kaufen und Verkaufen der Papiere, sondern auf sichere Erträge setzt. Nur solch seriöse Produkte werden von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht zertifiziert.
Eine Besteuerung von 0,5 % fällt auch deswegen nicht besonders ins Gewicht, weil die sonstigen Transaktionskosten bei Wertpapiergeschäften relativ hoch sind und durch die Steuer nicht spürbar steigen. Dies zeigt das Beispiel Großbritannien, wo die Alterssicherung trotz Börsenumsatzsteuer hauptsächlich kapitalgedeckt ist. Hauptsäulen der Alterssicherung in Deutschland bleiben die gesetzliche umlagefinanzierte sowie die betriebliche Rente. Die kapitalgedeckte Rente ist lediglich ein zusätzliches Standbein, welches - das hat die Finanzmarktkrise gezeigt - nicht zu stark ausgebaut werden darf.
Die Börsenumsatzsteuer ist nach Ansticht der SPD nur ein erster Schritt, um derivative Finanzprodukte, die nicht von „kleinen Sparern“ gekauft werden, und welche maßgeblich zur Instabilität des Finanzsystems beitragen, zu besteuern.
Ich hoffe, dass ich Ihnen mit meinen Ausführungen darstellen konnte, warum eine Börsenumsatzsteuer wichtig ist und warum sie keineswegs schädlich ist für kleine und mittlere Sparer, denen im Gegenteil die erzielten Steuereinnahmen in Bereichen wie Bildung und Gesundheit zugute kommen. In unserer neuen Rolle als stärkste Oppositionskraft im Deutschen Bundestag stehen wir auch weiterhin für eine gerechte Verteilung der Lasten aus der Krise und damit für die Einführung einer internationalen Finanzmarktsteuer.
Mit freundlichen Grüßen
Hubertus Heil