Frage an Horst Schnellhardt von Robin B. bezüglich Innere Sicherheit
Sehr geehrter Herr Dr. Schnellhardt,
das Fluggastdatenabkommen "PNR" ist in aller Munde. Um ehrlich zu sein, bin ich es allmählich leid, dass unsere "Freunde" auf der anderen Seite des Teiches unter dem Deckmantel des Heimatschutzes und der Terrorbekämpfung wieder und wieder den Versuch starten, Bürgerrechte in der EU auszuhebeln. Schlimm genug, dass es in den USA ohne Nachfrage zu massiver Durchleuchtung der Zivilbevölkerung kommt.
Ich frage mich daher, wie Sie zu diesem richtungsweisenden Abkommen stehen.
Vielen Dank für Ihre Antwort und eine angenehme Woche!
Mit freundlichen Grüßen
Robin Bollmann
...fall Sie noch nicht die Gelegenheit hatten, sich mit dem Thema objektiv auseinanderzusetzen, habe ich Ihnen interessante Links angefügt:
http://www.nopnr.org/fluggastdaten-an-die-usa-analyse/
http://edri.org/files/2012EDRi_US_PNRcomments.pdf
Sehr geehrter Herr Bollmann,
Sie haben mich um eine Einschätzung zum Fluggastdatenabkommen "EU-US PNR (Passenger Name Records)" gebeten. Dieser Bitte komme ich hiermit gern nach.
Zuerst möchte ich Ihnen mitteilen, auf welchem Stand wir uns im Hinblick auf das Abkommen befinden. Die Europäische Union hatte bereits im Jahr 2007 ein Abkommen mit den USA über die Übertragung von Fluggastdaten ausgehandelt, das seitdem provisorisch umgesetzt wurde. Dieses Abkommen sah die Übermittlung von Fluggastdaten von Flügen aus, in oder durch den Flugraum der USA an das Department of Homeland Security, Bureau of Customs and Border Protection vor. Die übermittelten Daten waren solche, die Fluggesellschaften üblicherweise mit der Buchung von Flügen von den Passagieren erhalten. Dieses Abkommen von 2007 soll nun durch ein neues Folgeabkommen, das im Vergleich zu dem von 2007 einige Abänderungen enthält, ersetzt werden. Dazu hat die Kommission bereits Verhandlungen mit den USA geführt und einen entsprechendes Abkommen vorgelegt, über welches das Europäische Parlament demnächst abstimmen muss.
Das Parlament hat dabei die Möglichkeit, dem Abkommen entweder zuzustimmen, was dazu führen würde, dass das neue Abkommen das von 2007 ersetzt, oder es abzulehnen. Bei einer Ablehnung würde das Interimsabkommen von 2007 weiterhin bis 2014 Bestand haben. Es tritt bei einer Ablehnung also nicht der Fall ein, dass gar keine Daten übertragen werden. Es gilt zu regeln, welche neuen Standards und Rechte bei der Übertragung der Passagierdaten gelten.
Sie haben mich nach meiner Einschätzung zum Abkommen gebeten. Ich möchte vorweg darauf hinweisen, was das Ziel des PNR-Abkommens ist: Verbrechen und Terrorismus weltweit vorzubeugen und zu bekämpfen und den Bürgern und Bürgerinnen sowohl in den Vereinigten Staaten von Amerika als auch hier in der Europäischen Union mehr Sicherheit zu verschaffen. Ich möchte hierbei betonen, dass es mir sehr wichtig ist, dass der Datenschutz für Bürgerinnen und Bürger der EU auch beim Thema Sicherheit gewährleistet und weiter verbessert wird. In diesem Kontext muss auch herausgestellt werden, dass die USA als souveräner Staat das Recht hätten, die Daten der aus-, ein- oder durchreisenden Passagiere nach ihren Vorstellungen abzufragen und zu verwerten. Mit dem Abkommen hat die EU bei der Datenübermittlung jedoch ein Mitspracherecht. Zwar entspricht das neu ausgehandelte Abkommen zwischen der Kommission und den USA nicht vollkommen dem, was sich die Europaabgeordneten vorher mit Blick auf Datenschutzbestimmungen versprochen haben, stellt aber eine Verbesserung zum Abkommen von 2007 dar. So sieht das Abkommen vor, das jede Person Zugriff auf ihre PNR-Daten erhält, eine Berichtigung beantragen und Rechtsbehelf einlegen kann.
In diesem Zusammenhang ist auch erwähnenswert, dass ein ähnliches PNR-Abkommen, das die gleichen datenschutzrechtlichen Verbesserungen enthält, im Oktober 2011 mit Australien bereits vom Europäischen Parlament gebilligt wurde und seitdem in Kraft ist. So ist ein neues PNR-Abkommen mit den USA und mit Kanada ein weiterer Schritt, um für Sicherheit und gleichwohl für einen besseren Datenschutz für Bürgerinnen und Bürger der EU zu sorgen.
Abschließend möchte ich noch folgenden Hinweis geben: wie bereits angemerkt, bezieht sich das PNR-Abkommen mit den USA nur auf Passagiere, die den Luftraum der USA bereisen. Es handelt sich um die Daten von Bürgerinnen und Bürger, die aus beruflichen oder privaten Gründen in oder durch die USA reisen oder aus dem amerikanischen Luftraum in die EU.
Ich hoffe, dass ich Ihnen mit meiner Einschätzung weiterhelfen konnte und verbleibe mit freundlichen Grüßen
Dr. Horst Schnellhardt