Frage an Horst Posdorf von Yannic W. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Einen wunderschönen guten Tag Herr Dr. Posdorf!
Als natives Kind der Informationsgesellschaft ist es für mich Teil meiner Persönlichkeit und meiner Denkstruktur, meine Gedankenwelt teilweise auf das Internet auszulagern und die dortige Interaktion mit anderen, wiederum in meine eigenen inneren Gedanken miteinzubeziehen - gerade komplexere Fragestellungen mit hoher Informationsdichte lassen sich dadurch deutlich effektiver behandeln, als über klassische lokal beschränkte Wege und Medien.
Ich finde es aus diesem Grund äußerst beunruhigend zu sehen, dass sich das EU-Parlament hier in einem ständigen Hin- und Her zwischen Schutz der Bürgerrechte und Privatssphäre, sowie dem Schutz von Eigentumsrechten der Unterhaltungsindustrie(!) befindet, statt sich hier klar auf die Seite seiner Bürger zu stellen. Dass hier immer wieder Gesetzesvorlagen auftauchen, die in ihrem Inhalt einen Wirtschaftszweig bevorzugen möchten, der in seinem Verhalten eher einer mafiösen Planwirtschaft statt einer freien Marktwirtschaft ähnelt, wirkt in meinen Augen äußerst bedrohlich - wenn nicht fatal, da grundlegend!
Die Weltwirtschaft ist so stark wie nie zuvor, auf die Mithilfe von kreativen Querköpfen angewiesen, die in der Lage sind, Informationsfluten und Strukturwechsel zu überblicken, wie sie immer mehr zum menschlichen und wirtschaftlichen Alltag werden.
Unter diesem Blickwinkel wäre es fatal für die Europäischen Forschungs- und Innovationsbemühungen, jungen Menschen, die sich gezwungen fühlen, sich in dieser neuen Welt zurechtfinden zu müssen, derartige wütende Raubtiere vor die Nase zu setzen, die jeden Anflug von medialem Wissensdurst erst einmal mit einer Klagewelle für Jahre niederstrecken.
Gut, nachdem ich so ausgeholt habe, möchte ich Sie in diesem Sinne fragen, wie Sie generell zu speziell diesem Thema stehen? Und auf welcher Seite Sie, Ihrem persönlichen Rechtsverständnis nach, bei gleichartigen Fragestellungen zu Bürgerrechten in Internet stehen?
Mit freundlichsten Grüßen
Yannic Welle
Sehr geehrter Herr Welle,
vielen Dank für Ihre Anfrage vom 16.7., die ich gerne wie folgt beantworten will:
Die Erfindung des Internet ist zweifelsohne eine der größten Errungenschaften der letzten Jahrzehnte und wäre aus unserem täglichen Leben mit all seinen Vorteilen nicht mehr wegzudenken. Ein derartig schneller und reibungsloser Informationsaustausch birgt allerdings auch Gefahren und Risiken- sowohl für den einzelnen Bürger als auch für Unternehmen.
Der Schutz der Eigentumsrechte ist dabei ein wichtiger Punkt, denn schließlich hat jeder, der etwas erfindet und entwickelt ein Recht auf Schutz dieser geistigen Leistung. Insbesondere die europäischen Industriegesellschaften haben schließlich Ihren hohen Lebensstandard vorallem diesen bahnbrechenden Geistesleistungen zu verdanken. Diese gilt es zu einen zu schützen und sie gleichzeitig auch dem Allgemeinwohl der Gesellschaft zur verfügung zu stellen.
Deswegen ist es ganz selbstverständlich, dass ein natürliches Spannungsverhältnis zwischen dem Schutz geistigen Eigentums eines individuellen Erfinders und der Gesellschaft, die an dieser geistigen Leistung zu Recht teilhaben soll, besteht. Der Gesetzgeber bemüht sich hier stets um einen Ausgleich der auseinanderstrebenden Interessen. Dies mag vom Bürger manchmal als Hin und Her empfunden werden, liegt aber in der Natur der Sache, weil es eben nicht einfach ist, einen solchen Ausgleich zu schaffen.
Als Abgeordneter des Europäischen Parlaments kann ich Ihnen versichern, dass ich nach bestem Wissen und Gewissen für einen solchen Interessensausgleich weiterhin eintreten werde, damit wir alle in gleichem Maße die Chancen der Informationsgesellschaft nutzne können.
Mit freundlichen Grüßen
Horst Posdorf