Frage an Horst Meierhofer von Johann V. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Meierhofer,
können Sie sich vorstellen ein Rückgängigmachen der Mehrwertsteuersenkung für das Hotelgewerbe aufgrund veränderter Kenntnis bzw. Sachlage zu initiieren?
Mit freundlichen Grüßen
Johann Vetter
Dipl. Kaufmann univ.
Sehr geehrter Herr Vetter,
herzlichen Dank für Ihre E-Mail. Das Thema "geistert" ja zur Zeit in allen Medien. Gerne möchte ich ihnen meine Ansicht mitteilen. Die FDP-Bundestagsfraktion hat sich bereits in der 14. Wahlperiode( 1998-2002) in ihren tourismuspolitischen Leitlinien für die reduzierte Mehrwertsteuer für die Tourismusbranche ausgesprochen. Auch im Wahlprogramm für die Bundestagswahl 2009 findet sich diese Forderung wieder. Übrigens eine Forderung, die auch andere Parteien, die jetzt laut rufen, in ihren Programmen stehen haben.
Der ermäßigte Steuersatz für die heimische Tourismusbranche ist deshalb so wichtig, weil sich Wettbewerbsverzerrungen durch die letzte Mehrwertsteuererhöhung, die sie zum größten Teil selbst getragen und nicht an ihre Kunden weiter gegeben haben, in Verbindung mit der unterschiedlichen Anwendung der verringerten Mehrwertsteuersätze in Europa weiter zugenommen. Heute erheben bereits 22 von 27 EU-Staaten den ermäßigten Steuersatz. Zu diesen Staaten gehören, mit Ausnahme von Dänemark, sämtliche Nachbarstaaten Deutschlands.
Der ermäßigte Mehrwertsteuersatz dient der Herstellung von fairem Wettbewerb. Gerade in Grenzgebieten, wie dies in Bayern häufig der Fall ist, ist es von enormer Bedeutung, ähnliche oder bessere Kostenstrukturen zu schaffen und darauf zu achten, dass Wettbewerbsnachteile nicht durch die reine Steuerhöhe entstehen. Denn sonst sehen sich Unternehmen nicht nur gezwungen, Einsparungen in anderen Bereichen, wie z. B. bei den Lohnkosten vorzunehmen, sondern eine solche Situation kann auch dazu führen, dass ein Stellenabbau wegen mangelhafter Auslastung oder im schlimmsten Fall wegen Insolvenz vorgenommen werden muss.
Es ist richtig, dass die FDP in den Jahren 2008 und 2009 Spenden der Substantia AG erhalten hat. Sie erreichen, wenn man die Vorgänge aus unterschiedlichen Rechenschaftszeiträumen akkumuliert, die veröffentlichte Höhe. Die FDP hat die von der Substantia AG rechtmäßig erhaltenen Spenden entsprechend der Vorschriften zur Parteienfinanzierung binnen zweier Tage bei der Bundestagsverwaltung angezeigt. Der Spiegel konnte deshalb gar keine Millionenspende der FDP „enthüllen“, weil die FDP selbst den Eingang der Spenden bereits zuvor pflichtgemäß veröffentlicht hatte.
Der 2. Senat des Bundesverfassungsgerichts hat in Abschnitt 156 seines Urteil zur Parteienfinanzierung vom 9. April 1992 ausdrücklich festgehalten:
„Spenden an politische Parteien, auch Spenden juristischer Personen, sind nach der Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland in beliebiger Höhe zulässig. Gefahren für den Prozess der politischen Willensbildung, die sich hieraus ergeben können, beugt Art. 21 Abs. 1 Satz 4 GG vor, der von den Parteien unter anderem verlangt, über die Herkunft ihrer Mittel öffentlich Rechenschaft zu geben.“
Entsprechend dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung hat sich die FDP auch bei der Spende der Substantia AG verhalten.
Für das Bundesverfassungsgericht ist das eigene Bemühen der Parteien um Spenden Ausweis „der Verwurzelung der Parteien in der Gesellschaft, wie es der Grundsatz der Staatsfreiheit verlangt.“ Mehr noch: Im Abschnitt 98 des Urteils heißt es weiter: „Deshalb hat die Selbstfinanzierung der Parteien Vorrang vor der Staatsfinanzierung.“
Parteien haben den Verfassungsauftrag, an der Willensbildung des Volkes mitzuwirken. Die Einnahmen aus Mitgliedsbeiträgen allein können die Kosten der Parteiarbeit nicht decken. Im Abschnitt 91 seines Urteils hält das Verfassungsgericht fest: „Die Parteien müssen nicht nur politisch sondern auch wirtschaftlich und organisatorisch auf die Zustimmung und Unterstützung der Bürger angewiesen bleiben.“ Wenn die Parteien ihrem Auftrag nicht nur aus Steuermitteln gerecht werden sollen, müssen sie die rechtliche Möglichkeit haben und nutzen dürfen, Spenden einzuwerben. Die Gesetzgebung zur Parteifinanzierung in Deutschland legt dabei zu recht strenge Maßstäbe an und ist weltweit vorbildlich.
Mit Blick auf die demokratische Kultur in Deutschland wäre es schädlich, einen Zusammenhang zwischen Spenden an eine Partei und politischen Entscheidungen herzustellen. Deshalb ist es unzulässig zum Beispiel die Tatsache, dass die Schwarz-Rote Bundesregierung 2009 die Abwrackprämie verlängert hat, in den Zusammenhang mit einer kurz zuvor an SPD und Union ergangenen Spende eines namhaften Automobilherstellers zu stellen oder Spenden aus der Solarwirtschaft an die Grünen mit deren Festhalten an der Übersubventionierung der Energieerzeugung durch Solaranlagen zu sehen.
Sehr geehrter Herr Vetter, aus den genannten Gründen, werde ich nicht dafür plädieren, die Entscheidung zurückzunehmen.
Mit freundlichen Grüßen
Horst Meierhofer