Frage an Holger Müller von Michael J. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Müller,
das Thema der Schuldenpolitik im Land NRW sowie die desolate wirtschaftliche Lage der Kommunen ist zu Recht ein zentrales Thema des aktuellen Wahlkampfes. Leider fehlen mir aber konkrete Ideen und Vorschläge um auf Landesebene ca. 6 Mrd. EUR jährlich einzusparen. Können Sie mir bitte konkrete Maßnahmen erläutern, wie aus ihrer Sicht dieser Betrag eingespart oder durch Mehreinnahmen ausgeglichen werden kann?
Mit freundlichen Grüßen,
Michael Jaegers
Sehr geehrter Herr Jaegers,
vielen Dank für Ihre Frage auf abgeordnetenwatch.de zum Thema "Finanzpolitik", welche ich gerne beantworte.
Unser Ziel ist die Einhaltung der grundgesetzlich verankerten Schuldenbremse. Das heißt: Verzicht auf jede Neuverschuldung spätestens ab dem Jahr 2020. Dafür wollen wir die Neuverschuldung des Jahres 2012 in acht Jahresschritten auf Null zurück führen.
Die rot-grüne Minderheitsregierung hat nichts getan, um das strukturelle Defizit abzubauen und einen nachhaltigen Haushaltsausgleich zu erzielen. Im Gegenteil: Mit der Aufnahme rot-grüner Wahlgeschenke in den Haushalt 2011 und durch die Rücknahme von Konsolidierungsschritten aus der Zeit der CDU-geführten Landesregierung hat sie das strukturelle Defizit um eine weitere Milliarde Euro erhöht. Die Minderheitsregierung und die sie tragenden Fraktionen von SPD und Grünen haben keinen einzigen strukturellen Konsolidierungsvorschlag unterbreitet.
Das notwendige Volumen der strukturellen Veränderungen lässt sich nur erfassen, wenn der Haushalt den Grundsätzen von Wahrheit, Klarheit und Vollständigkeit entspricht. Der Entwurf des Haushaltsgesetzes 2012, der am 14. März keine Mehrheit im Landtag mehr gefunden hat, sah eine Neuverschuldung von vier Milliarden Euro vor. Dieser Ansatz war unehrlich, weil er die Ausgaben zu niedrig und die Einnahmen zu hoch schätzte.
Rot-Grün wollte den Schein der Verfassungsgemäßheit wahren.
Hätte Rot-Grün in der Haushaltspolitik nach dem Prinzip des „ehrbaren Kaufmanns“ gehandelt, dann hätte der Entwurf für 2012 eine Neuverschuldung von mehr als sechs Milliarden Euro ausweisen müssen und damit die Kreditverfassungsgrenze zum dritten Mal in Folge deutlich überschritten.
Von dieser Basis ausgehend müssen künftig Jahr für Jahr ca. 800 Millionen Euro strukturell eingespart werden, um die Schuldenbremse 2020 einzuhalten. Dazu ist Rot-Grün weder bereit noch in der Lage.
Wir Christdemokraten wollen dieses Ziel erreichen und sind dazu in der Lage. Wir werden folgende Maßnahmen ergreifen:
· Wir werden auf neue Förderprogramme und auf die Übernahme neuer Aufgaben verzichten, wenn nicht eine Gegenfinanzierung dargestellt werden kann.
· Wir werden durch den gezielten Abbau von Subventionen, pauschale Kürzungen und Effizienzsteigerungen Einsparungen bei den umfangreichen Förderprogrammen des Landes erreichen. Die dafür nötigen gesetzlichen Voraussetzungen werden wir im Rahmen eines Haushaltsbegleitgesetzes umgehend schaffen.
· Wir werden Stellen in der Landesverwaltung abbauen durch die Ausnutzung der demografischen Entwicklung und die Realisierung bereits identifizierter und ausgebrachter kw-Vermerke. Beispiele aus anderen Bundesländern und die Erfolge der CDU-geführten Landesregierung zeigen in eindrucksvoller Weise, dass dies möglich ist. Unabdingbar dafür ist die Fortführung eines ressortübergreifenden Personaleinsatzmanagements, das Rot-Grün Mitte 2012 aufgeben wollte.
· Wir werden bei Sachausgaben sparen, und bei Investitionen die Effizienz steigern.
· Bei Umsetzung dieser Ansätze ergeben sich aus den dann sinkenden Zinsausgaben weitere Einspareffekte.
Wir werden das Steuerabkommen mit der Schweiz ratifizieren. Nordrhein-Westfalen würden daraus sofort 2 Milliarden Euro und bis 2020 noch einmal 1 Milliarde Euro zufließen. Diese Zuflüsse wollen wir vollständig zum Abbau der jährlichen Neuverschuldung nutzen.
Neben der Sanierung des Landeshaushaltes ist für uns die Entschuldung der nordrhein-westfälischen Kommunen ein vordringliches Anliegen.
Wir halten den von SPD, Grünen und FDP verabschiedeten „Stärkungspakt Stadtfinanzen“ für den falschen Weg, weil er die kommunale Familie spaltet und Selbstverwaltung durch Fremdbestimmung ersetzt. Mit der Zins- und Entschuldungshilfe (KomPAsS II) hat die CDU-Landtagsfraktion im Herbst 2011 ein anerkanntes und wirksames Sofortprogramm vorgelegt, das nicht nur einer kleinen Zahl, sondern allen notleidenden Kommunen auf der Grundlage transparenter Kriterien hilft. Daran wollen wir anknüpfen.
Die stetig steigenden Soziallasten sind Hauptgrund für die Belastung kommunaler Haushalte. Nur eine Entlastung in diesem Bereich schafft die Grundlage für eine gute Perspektive. Daher war die Übernahme der Kosten für die Grundsicherung durch den Bund ein erster, wichtiger Schritt.
Wir werden uns dafür einsetzen, durch zusätzliche strukturelle Verbesserungen eine deutliche Absenkung der Kreis- und Landschaftsumlage zu erreichen.
Ein wirksames Sofortprogramm und die strukturellen Verbesserungen werden es gemeinsam ermöglichen, die notwendigen Änderungen für ein gerechtes Gemeindefinanzierungsgesetz vorzunehmen.
Nur wenn das Land zu seiner kommunalen Verantwortung steht und der Bund sich zur Hälfte an den kommunalen Soziallasten beteiligt, werden Städte, Gemeinden und Kreise wieder in die Lage versetzt werden, ausgeglichene Haushalte ohne neue Kredite vorzulegen.
Ich hoffe, Ihre Frage ist hiermit ausreichend beantwortet und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Ihr
Holger Müller