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Hildegard Wester
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Frage von Robin U. •

Frage an Hildegard Wester von Robin U. bezüglich Recht

Liebe Hildegard Wester,

ich muß ein wenig ausholen:

In Ihrer Heimatstadt gibt es einen, wie ich meine, großartigen Menschen, der sein ganzes Engagement der Gerechtigkeit und der Würde des Menschen widmet. Dies tut er auf recht unspektakuläre Art: bezogen aufs Ziel kompromißlos, dabei stets mit großem Respekt gegenüber allen Menschen und ihrer - so würde er es wohl sagen - göttlichen Natur.

Dieser Mensch ist Edmund Erlemann.

Edmund Erlemann, das werden Sie wissen, strebte bereits im Vorjahr ein Bündnis an für Menschenwürde und Arbeit. Dieses Bündnis steht unmittelbar im Zusammenhang mit seiner Arbeit für den von ihm begründeten Volksverein. Diese vorbildliche Einrichtung ist - nicht zuletzt durch die "Reform"-Politik der SPD-geführten Bundesregierung, in große Nöte geraten. Ich brauche das hier nicht im Detail zu wiederholen.

Mein erster bewußter Eindruck von Edmund Erlemann war eine Kindermesse im Gladbacher Münster. Bei der brachte er den Jüngsten den Kleinen Prinz nahe - Saint-Exupérys berühmte Worte: "Man sieht nur mit dem Herzen gut!" und: "Das wesentliche ist für die Augen unsichtbar!"

Bevor die SPD die Bundestagswahl 1998 gewann, gab es in der Partei zwei Grundströmungen der Politik: jener personifiziert durch Gerhard Schröder und die, die sich mit Oskar Lafontaine verband. Die SPD gewann die Wahlen gewiß in erster Linie wegen ihrer traditionellen Akzentsetzung auf soziale Gerechtigkeit.

Die Würde des Menschen ist unantastbar, heißt es im Grundgesetz. Seit heute - das darf man mit Herz und Verstand getrost feststellen - gilt das erst einmal nicht mehr: Das Berliner Sozialgericht hat ein Leben mit "Arbeitslosengeld II" als mit der Menschenwürde vereinbar festgeschrieben.

Und nun zum roten Faden meiner Ausführungen: das, was in Berlin heute auf juristischer Ebene entschieden wurde, ist die logische - nicht menschliche - Folge einer eiskalten Politik gegen die Menschen im Staate, die am wenigsten teilhaben an machtpolitischen Entscheidungen.

Diese Politik - ein Sozialraub ohnegleichen - geschieht gleichzeitig auf unterschiedlichen Ebenen. Es ist ja nicht allein der rein materielle Aspekt, der greift. Es sind vielfältige Erscheinungen damit verbunden, die unbestreitbar - sieht man sich die "Einzelfälle" an - die Würde der Menschen in hohem Maße beschädigen.

Sie haben sich damals mehr oder weniger deutlich als politischer Mitstreiter Lafontaines bekannt. Heute distanzieren Sie sich von ihm - aus den bekannten Gründen. Nun hat aber Gerhard Schröder die "kleinen Leute", die ihm zur Macht verhalfen, im Stich gelassen - ganz sicher nicht Lafontaine. Schröder und endlos viele seiner "Genossen" haben HARTZ IV beschlossen und - so wie es die PDS auf Wahlplakate setzte - damit: Armut per Gesetz.

Wie nur können Sie es verantworten, diesen Herrn Schröder zu unterstützen und ihn uns Wählern auch damit zu empfehlen? Sie haben sich vor Jahren - vielleicht noch heute - für amnesty international engagiert. Die Menschenwürde ist auch in der Bundesrepublik von heute unersetzbar.

Sehen Sie doch bitte die Realitäten: das unhaltbare Ungleichgewicht materieller Mittel zwischen den Bevölkerungsschichten, die dreiste Umgehensweise vieler sogenannter Führungskräfte mit den ihnen anvertrauten Sklaven von heute. DAS IST REALITÄT! Das ist ganz und gar nicht übertrieben. Nur: Sie und viele Ihrer Bundestagskollegen verschließen sich ganz offenbar davor.

Nicht die von neoliberal gesteuerten Medienvertretern kreierte virtuelle Welt der blühenden Landschaften - wenn die Sklaven denn nur funktionieren - stimmt. Tatsächlich fand, und findet weiterhin, eine beschämende Umverteilung materieller und die menschliche Würde betreffender Werte statt. Und, zweifellos, früher oder später wird diese zurückgenommen werden. Wenn dies nicht auf gewaltsame Weise passieren soll, dann MUSS sich unsere Demokratur sehr schnell umorientieren!

Ich habe Sie bislang immer gewählt. Dieses Mal kann ich Sie nicht wählen: Die SPD - und die GRÜNEN - haben uns auf schamlose Weise verraten. Wir KÖNNEN die horrenden Schulden nicht bezahlen, die die herrschenden Volksvertreter vergangener Legislaturperioden gemacht haben. Haben Sie mich verstanden? WIR KÖNNEN die Schulden nicht bezahlen. Wer hat, der KANN. Wer nicht hat, der KANN auch nicht. Oder sollen wir uns gleich aufhängen? Im Dritten Reich wurden die Sündenböcke in die KZs geschickt. DAS erledigt sich heute von selbst, wenn man den Leuten menschenwürdige Einkommensmöglichkeiten vorenthält!

Bitte, Frau Wester, machen Sie es wie Edmund Erlemann! Engagieren Sie sich wieder für soziale Gerechtigkeit und für die Würde des Menschen!

Mit eindringlichen Grüßen -
Ihr Robin

Portrait von Hildegard Wester
Antwort von
SPD

Lieber Robin,

vielen Dank für Ihre Meinungsäußerungen zur Politik der Rot-Grünen, des Kanzlers Schröder und meinen politischen Einstellungen und Entscheidungen.

Sie empfehlen mir, in Probst Edmund Erlemann mein Vorbild zu sehen und ihm nachzueifern in seinem Engagement für die Ärmsten. Ich bewundere Edmund Erlemann sehr für seine konsequente Haltung und bin überzeugt, dass er für die Menschen in unserer Stadt Unschätzbares geleistet hat. Ich stehe aber an einer anderen Stelle der gesellschaftlichen Verantwortung. Ich fühle mich den Menschen verpflichtet, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen. Mein Impuls, mich politisch zu engagieren, ist getragen von der Idee einer gerechteren Welt. Ich möchte mit dazu beitragen, dass die Möglichkeiten, an unserer Gesellschaft teilzuhaben, gefestigt und erweitert werden. Unsere sozialen Systeme so auszubauen, dass sie dies auf Dauer und besser ermöglichen, war und ist Ziel der Sozialreformen. Es geht hier nicht um bloße Sozialabzocke. Wozu auch, wer sollte daran Gefallen haben? Es geht darum, das vorhandene Geld einzusetzen, um Arbeitslose für den Arbeitsmarkt zu qualifizieren, es geht auch darum, die Menschen, die - obwohl arbeitsfähig und -willig - in der Sozialhilfe festsaßen, da herauszuholen und ihnen die gleichen Chancen zu eröffnen wie denen, die vom Arbeitsamt betreut wurden. Ich kann nicht erkennen, inwieweit dieses Anliegen unsozial oder menschenverachtend sein soll. Ich würde mich freuen, wenn Sie sich einmal genauer mit den Zielsetzungen der Sozialreformen auseinandersetzen würden. Vielleicht fänden wir dann dazu, in Ruhe zu überlegen, in welchen Punkten Ungerechtigkeiten und Härten entstanden sind, die abgeändert werden müssen.

Mit freundlichen Grüßen
Hildegard Wester