Frage an Hildegard Wester von Frank L. bezüglich Recht
Sehr geehrte Frau Wester,
die Gleichberechtigung der Frau kann als weitgehend verwirklicht angesehen werden. Woran es jedoch völlig mangelt und was daher in den nächsten Jahren an Bedeutung immens zunehmen wird, ist die Gleichberechtigung des Mannes. Die ist dringend notwendig, denn Männer werden heutzutage in vielen Bereichen benachteiligt:
- schon im Schulbereich konzentriert sich die Förderung weitgehend auf Mädchen, hier vor allem auf die Fächer Mathematik/Naturwissenschaften. Obwohl Jungen in ihren Schulleistungen immer mehr hinter den Mädchen zurückfallen und schon daher einer verstärkten Förderung bedürften, wird für sie kaum etwas getan. Maßnahmen der Politik zur Behebung der personellen Schieflage im Primarbereich (kaum männliche Erzieher und Grundschullehrer) lassen bislang auf sich warten.
- nur Männer müssen zum Wehr-/Zivildienst, Frauen dürfen zur Bundeswehr. Obwohl die Wehrpflicht im Prinzip gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes verstößt, wird sie nach wie vor nicht abgeschafft.
- das geltende Scheidungs-, Unterhalts- und Familienrecht benachteiligt Männer, vor allem Väter, in eklatanter Weise. Schon mehrfach ist die Bundesrepublik vom Europäischen Gerichtshof verklagt worden, weil dieser die Menschenrechte der betroffenen Männer verletzt sah. Geschehen ist bislang nichts, diesem Zustand abzuhelfen.
- es gibt zwar einen Frauen-, aber keinen Männer-Gesundheitsbericht, und das, obwohl Männer im Schnitt sechs Jahre früher sterben als Frauen. Die Forschungsausgaben für Brustkrebs liegen um ein Vielfaches über denjenigen für Prostata- und Hodenkrebs; in den Genuss einer Hautkrebs-Vorsorgeuntersuchung kommen Frauen 15 Jahre eher als Männer.
- obwohl eine Vielzahl von wissenschaftlichen Dunkelfeld-Untersuchungen ergeben hat, dass Frauen genau so häufig häusliche Gewalt ausüben wie Männer, verbreitet die Politik nach wie vor die Falschaussage, es seien vor allem (oder gar fast ausschließlich) die Männer, die hier als Täter in Erscheinung träten. Von staatlicher Seite her werden Männer somit zu Unrecht als häusliche Gewalttäter diffamiert.
Dies sind nur einige Beispiele, die aufzeigen, wie sehr es not tut, dass die Politik mehr für Männer unternimmt. Wie weit ist das Bewusstsein für die Probleme von Männern bei Ihnen? Was gedenken Sie, was gedenkt Ihre Partei konkret zu unternehmen, um die oben genannten Missstände zu beheben?
Sehr geehrter Herr Langenfeld,
vielen Dank für Ihre Fragen, die ich versuchen werde zu beantworten. Bei den Punkten "eklatante Benachteiligungen im Scheidungsrecht und Urteile des Europäischen Gerichtshofes bitte ich Sie aber, mir vorab noch einmal mitzuteilen, welche Punkte Sie da eigentlich genau meinen.
Beim Thema "häusliche Gewalt" sprechen Sie von wissenschaftlichen Untersuchungen, ohne diese genau zu benennen. Vielleicht könnten Sie auch hier noch etwas genauere Angaben machen. Mir sind solche nämlich nicht bekannt. Aber selbstverständlich weiß auch ich, dass Gewalt nicht nur ein Männerthema ist.
Bei dem Gewaltschutzgestz, das von der rot - grünen Mehrheit beschlossen wurde und Anfang 2002 in Kraft trat,gilt für Männer und Frauen: als Täter/innen und Opfer. Erfahrungen und Statistiken zeigen jedoch, dass Männer häufiger Täter und Frauen häufiger Opfer von Gewalt sind, vor allem im häuslichen Bereich. Inzwischen ist das Problem der Gewalt gegen Männer aber auch stärker ins Bewußtsein gerückt.
Das Berliner Interventionsprojekt gegen häusliche Gewalt - BIG e.V. - hat zur Umsetzung des Gewaltschutzgesetzes spezielle Formulare für Männer zur Beantragung zivilrechtlichen Schutzes nach dem Gewaltschutzgesetz erarbeitet.
Im Juli 2004 erschien die nicht repräsentative Pilotstudie "Gewalt gegen Männer" in Deutschland. Personale Gewaltwiderfahrnisse von Männern in Deutschland", die im Auftrag des SPD - geführten Bundesministeriums für Familien, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSJ) erstellt wurde. Sie wurde herausgegeben vom "Forschungsverbund Gewalt gegen Männer", dieser besteht aus "Dissens e.v.", "GEFOWE - Praxis für Geschlechterforschung - Beratung - Weiterbildung und "SOKO Institut GmbH - Sozialforschung und Kommunikation". Die Studie beleuchtet nach Angaben der Herausgeber ein bisher vernachlässigtes Thema und führt zu einem beachtlichen Gewinn an neuen Erfahrungen und wichtigen ersten Ergebnissen. Ebenfalls 2004 fand ein großer europäischer Kongress "Gewalt im Leben von Frauen und Männern" statt. Der Kongress, der vom BMFSFJ finanziert wurde, bot die Gelegenheit, die Themen Gewalt gegen Frauen und Gewalt gegen MÄnner gemeinsam zu betrachten.
Der Aktionsplan zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Gewalt und Ausbeutung wurde Anfang 2003 von der SPD-geführten Bundesregierung beschlossen. Um sexuellen Mißbrauch, dem auch Jungen zum Opfer fallen, vorzubeugen, sollen im Sinne einer geschlechterorientierten Präventionsarbeit jungenspezifische Aspekte besonders berücksichtigt werden. Vor dem Hintegrund, dass Jugen nicht nur Opfer von sexueller gewalt sind, sondern dass sexuelle Gewalt hauptsächlich von männichen Jugendlichen und Männern ausgeht, werden in der Präventionsarbeit auch täterpräventive Aspekte angewandt, indem z.B. mit Jungen an der Entwicklung gewaltfreier Konfliktlösungsmöglichkeiten gearabeitet wird.
Da ich grundsätzlich der Wehrpflicht kritsich gegenüber stehe, ich auch der Meinung bin, dass Frauen durch die Nachteile, die sie durch Geburt und Erziehung von Kindern, die Pflege von Angehörigen in Bezug auf ihr berufliches und gesellschaftlich/politisches Engagement haben, nicht noch einen zusätzlichen Dienst an der Allgemeinheit leisten sollten.
Zur Förderung von Jungen und Mädchen im schulischen Bereich kann ich Ihnen sagen, dass ich die Entwicklungen bezgl. Der Leistungsunterschiede sehe. Ich bin aber nicht der Meinung, dass die Ursache in der zu betonten Förderung von Mädchen liegt.Vielmehr werden die Faktoren, die Lernverhalten bestimmen und auf die Geschlechter unterschiedlich einwirken, einer genauernen Untersuchung unterzogen werden müssen. Die Tatsache, dass sich so wenige Männer für eine Tätigkeit im Kindergarten oder im Primarbereich entscheiden, bedauere ich außerordentlich. Ich möchte ebenfalls nicht ausschließen, dass dies einen erhheblichen Einfluss auf die Lernsituation der kinder hat. Warum sich Männer so selten für diese Berufe entscheiden, scheint mir dann aber doch
eindeutig mit dem herkömmlichen Männerbild zusammenzuhängen. Männer wollen eben nicht in eher typische Frauenberufe.Diese Weigerung hat die Berufe allerdings oft erst dazu gemacht.
Einen Gesundheitsbericht für Frauen gibt es, weil aus vielen Untersuchungen und dem Gesundheitsbericht deutlich wurde, dass hier ein eklatanter Mangel besteht. Bei vielen Krankheitsbildern wurde deutlich, dass die besondere körperliche, hormonelle und psychische Situation der Frau weder in der Diagnose noch in der Therapie berücksichtigt wurde. Der typische Patient ist demnach der männliche.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen auf Ihre umfangreichen Fragen zufriedenstellend antworten. Ich wünsche Ihnen alles Gute !
Mit freundlichen Grüßen
Hildegard Wester