Frage an Hermann Scheer von Klaus-Peter K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Dr. Scheer,
ich wende mich an Sie, weil ich Ihre politische Arbeit auf dem Gebiet der nachhaltigen Energieversorgung hoch einschätze, sowie deshalb, weil Sie Abgeordneter einer Regierungspartei sind..
Mit großer Sorge, ja mit Erschrecken, habe ich den jüngsten Vorstoß von Innenminister Schäuble gegen das Grundgesetz zur Kenntnis genommen.
Tötungen Verdächtiger von Staats wegen und ohne Gerichtsverfahren rücken nach meiner Auffassung in die Nähe der Praxis, die in Deutschland zwischen 1933 und 1945 herrschte.
Dasselbe gilt für die „vorsorgliche“ Festsetzung (Schutzhaft) von Leuten, die vielleicht Handlungen begehen könnten, die von der Polizei als staatsfeindlich betrachtet werden könnten.
Auch Schäubles Ideen des Internet- oder Handyverbots öffnen aus meiner Sicht Abgründe.
Ich habe drei Fragen:
Meinen Sie, daß die Bürger der BRD das Recht und die Pflicht haben, gegen die geäußerten Positionen des Innenministers aktiv zu werden?
Wenn ja, was tun Sie gegen die geäußerten Positionen des Innenministers?
Wenn ja, was würden Sie sich wünschen bzw. was würden Sie empfehlen, daß verantwortungsbewußte demokratische Bürger in dieser Situation tun sollen?
Hochachtungsvoll
Sehr geehrter Herr Kurch,
Sie beziehen sich auf das Interview von Wolfgang Schäuble im Spiegel vom 9. Juli diesen Jahres. Dort hat der Innenminister vor allem zwei Punkte angesprochen:
- wenn potenzielle Terroristen nicht abgeschoben werden können, sollte man darüber nachdenken, ihnen Auflagen zu machen, wie beispielsweise ein Kommunikationsverbot im Internet oder mit dem Handy
- die Schaffung einer Rechtsgrundlage für die möglicherweise notwendig werdende gezielte Tötung von Terroristen, beispielsweise, wenn deren Versteck bekannt geworden ist
Die SPD hat solchen Vorstellungen eine klare Absage erteilt. In der entsprechenden Pressemitteilung meiner Partei heißt es wörtlich: „Herr Schäuble handelt unverantwortlich, wenn er die öffentliche Sicherheit als Geisel für seine Angstpolitik nimmt.“.
Ich möchte noch darauf hinweisen, dass ich, trotz aller politischen Auseinandersetzung, Vergleiche mit dem Dritten Reich für unzulässig halte. Was damals geschehen ist, ist in seinen Ausmaßen in vielfacher Hinsicht ein singulärer Vorgang in der Geschichte und deshalb nicht zu vergleichen mit der Diskussion in einem demokratischen Rechtsstaat.
Zu Ihren drei Fragen:
1. Die Bürger haben selbstverständlich das Recht, aber nicht die Pflicht eine andere Meinung als die des Innenministers zu vertreten. Eine bestimmte Pflicht haben sie dabei aber schon: nämlich sich im Rahmen der demokratischen und legalen Möglichkeiten zu bewegen, wenn sie ihren Protest zum Ausdruck bringen.
2. Ich unterstütze meine Partei in ihrer ablehnenden Haltung. Dies ist der beste Garant dafür, dass aus den Vorschlägen Schäubles keine Realität wird, denn ohne uns gibt es dafür keine Mehrheit im Bundestag.
3. Das, was Sie tun: öffentlich ihre Meinung zu sagen oder sie direkt dem Innenminister mitzuteilen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Hermann Scheer