Portrait von Hermann Schaus
Hermann Schaus
DIE LINKE
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Hermann Schaus zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Adelbert R. •

Frage an Hermann Schaus von Adelbert R. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrter Herr Schaus,

Folgender Artikel:
"Bald 50.000 "Hartz IV"-Klagen in der Hauptstadt
Berlin stockt wegen "Hartz-IV"-Klagen Zahl der Sozialrichter auf.
Wegen der anhaltend hohen Zahl an Klagen von "Hartz Empfängern will Berlins Justizsenatorin Gisela von der Aue (SPD) das Berliner Sozialgericht verstärken. "Wir werden 40 zusätzliche Richterstellen möglichst schon ab nächstem Jahr zu den bisher 85 Sozialrichtern beantragen", sagte die Justizsenatorin dem "Tagesspiegel". Dazu solle dieselbe Anzahl an Rechtspflegern kommen. "Wir können uns da keinen Flaschenhals erlauben, in dem die Klagen hängenbleiben", unterstrich von der Aue. An Deutschlands größtem Sozialgericht wird voraussichtlich in der kommenden Woche die 50.000. Klage im Zusammenhang mit den von der rot-grünen Bundesregierung beschlossenen "Hartz IV"-Regelungen."
http://www.ngo-online.de/ganze_nachricht.php?H=N&Nr=18472

Wenn man diese Nachricht liest, ist Hartz IV ein Gesetz ,in das sich die
Legislative vergallopiert hat. Ist dieses sogn.Gesetz nicht schon deshalb ein Gesetz, da es mir u. auch anderen so erscheint, dass die Legislative der Judikativen übertragen wurde. Ist dies nicht mittlerweile ein Verfassungsverstoß gegen die Gewaltenteilung?
1€-Jobs müssen von den Almosenempf. angenommen werden, ansonsten wird deren Almosen gekürzt.

Ist dies nicht Zwangsarbeit per Gesetz, welches im GG ausgeschl. wird? Der Almosenempf. kann dagegen klagen vor dem Sozialgericht, aber wie soll er mit einem gekürzten Almosen (Existenzminimum) bis zur Entscheidung existieren?

Was halten Sie von den Tafelläden? Arme sollen eben das Essen, was die reicheren übriglassen. Schande über die Bundesregierung!

Was werden Sie als Parlamentarier tun, dass auch ärmere Bevölkerungsschichten einen breiten Bildungszug.erhalten, u. dass die Kinderarmut wirksam u. menschenwürdig beseitigt wird?

Geht es Ihrer Partei um die Verstaatlichung der Bäckerei um die Ecke,
o.welche Bereiche wollen Sie der demokr. Kontrolle unterstellen?

MfG

Portrait von Hermann Schaus
Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Ringwald,

vielen Dank für Ihre umfassenden Fragen, die ich gerne im Einzelnen beantworten möchte.

Zu Hartz IV:
Wie sie wissen, sind wir die einzige Partei , die die Hartz-Gesetze ablehnt und deren Rücknahme fordert. Diese Gesetzgebung hat nicht nur zu einer Verdoppelung der Kinderarmut in Deutschland geführt und die unwürdigen 1-Euro-Jobs geschaffen, sie führte auch dazu, dass der Druck (besser die Angst) auf die Arbeitnehmer zugenommen hat. Deshalb ist es auch für die Gewerkschaften sehr schwer sich in Tarifauseinandersetzungen durchzusetzen. Zudem gibt es ständig Konflikte um die Auslegung der Bestimmungen, die zu einer Unmenge von Klagen vor den Sozialgerichten geführt hat. Dies und noch zahlreiche weitere Argumente führen uns zu der klaren Forderung: Hartz IV betrifft uns alle negativ, führt zu Behördenwillkür, schafft keine Arbeitsplätze (im Gegenteil!) und muss schnellstens wieder weg!

1-Euro-Jobs:
Wir haben in Hessen die Forderung gegenüber SPD und Grünen (vor den Koalitionsverhandlungen) durchgesetzt, dass alle 16.000 bestehenden 1-Euro-Jobs in unbefristete, reguläre und tariflich entlohnte Arbeitsplätze umgewandelt werden müssen. Dies hätte die neue rot-grüne Landesregierung umsetzen müssen. Mit dem Verrat aus der SPD ist auch dies leider hinfällig geworden.

Tafeln:
Die Tafeln, von denen es bundesweit mittlerweile über 800 gibt, sind das Zeichen der Verarmung immer größerer Teile der Bevölkerung. Das soziale Engagement der dort Tätigen ist zu begrüßen und zu würdigen. Die Tafeln dürfen in unserem reichen Land aber kein Dauerzustand sein, sondern wir müssen alles daran setzen, allen Menschen ein würdiges Leben zu ermöglichen.

Verstaatlichungen:
In der Öffentlichkeit wird von den anderen Parteien wie auch teilen der Presse, oft versucht, uns eine blinde Verstaatlichung zu unterstellen. Dies ist aber grundfalsch. Wir treten ein für die Ausweitung des öffentlichen Sektors und insbesondere der Bereiche der Daseinsvorsorge, die ausschließlich - im Interesse aller Menschen - öffentlich betrieben werden müssen. Dazu zählen wir z. B. den Betrieb von Krankenhäusern, damit Gesundheit nicht zur Ware wird; Den Bereich der Energie- und Wasserversorgung, wie auch der Entsorgung, damit die Energiekosten nicht zur 2. Miete hochschnellen und den Bereich der Banken, damit die Spielkasinos - wo unser Geld verjubelt wird - geschlossen werden! Auf den Bäcker an der Ecke, oder auf Klein- und Mittelbetriebe beziehen sich unsere Forderungen nicht. Im Gegenteil, wir wollen deren Entwicklung, z.B. mit günstigen Krediten der öffentlich kontrollierten Banken sogar fördern und unterstützen.

Ich hoffe Ihre umfangreichen Fragen ausführlich beantwortet zu haben und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

Hermann Schaus