Frage an Hermann Schaus von Markus H. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Schaus,
als Mitglied des Innenausschusses des hessischen Landtags haben Sie vermutlich die Möglichkeit, die Aktivitäten dieses Ausschusses in der vorletzten Legislaturperiode nachzuvollziehen. Laut FAZ vom 28.9.2012 [1] steckte dieser Ausschuss gewisse Eckpunkte für polizeiliche und staatsanwaltliche Ermittlungen zum NSU-Mord von 2006 in dem Kasseler Internetcafe ab.
Der Ausschuss bezog offenbar dahingehend Position, dass die Befragungsmöglichkeiten des Verfassungsschutzmitarbeiters Andreas Temme beziehungsweise seiner V-Leute eingeschränkt werden sollten.
1. Von welchen Mitgliedern des Ausschusses wurde das zugehörige Beschlusspapier
vorbereitet?
2. Wie ist sein Inhalt zusammenzufassen?
3. Mit welchem Votum wurde das Papier beschlossen?
Mit freundlichen Grüßen
Markus Hiereth
Sehr geehrter Herr Hiereth,
vielen Dank für Ihre Anfrage zu diesem spannenden Thema, die ich versuche knapp zu beantworten.
Die von Volker Bouffier im Berliner NSU-Ausschuss angesprochene und im FAZ-Bericht erwähnte Sitzung des Innenausschusses fand am 17.7.2006 statt. Zu diesem Zeitpunkt war DIE LINKE noch nicht im Landtag, doch wir haben uns das Sitzungsprotokoll besorgt und durchgearbeitet. Es ist öffentlich (wenn auch nicht mehr auf den Seiten des Landtags oder im internen Landtagssystem zu finden). Das Protokoll ist äußerst spannend, denn die Frage Quellenschutz konnte im Ausschuss gar nicht besprochen werden, weil Herr Bouffier alles damit zusammenhängende verschwiegen hatte. Im Gegensatz zu Bouffiers Behauptung, wonach sich "der Innenausschuss des hessischen Landtages der Sache bereits 2006 ausführlich und kritisch gewidmet habe" war eine solche Befassung gar nicht möglich, weil Herr Bouffier den Innenausschuss in öffentlicher Sitzung zum Mord in Kassel / Tatverdacht Temme nachweislich falsch informierte. Dieses Bild ergibt sich für uns, wenn man die Aussagen vom 17.7.2006 und 28.9.2012 gegenüberstellt. Innenminister Bouffier sprach in der Innenausschusssitzung vom Juli 2006 Herrn Temme frei, verneinte sämtliche dienstlichen Bezüge, verneinte eigene Kenntnisse und Handlungen und verwies ein mögliches rechtes Motiv in den Bereich purer Spekulation. Danach gab es keinerlei weitere Informationen oder Befassungen mehr im Innenausschuss. Leider hat der Berliner NSU-Ausschuss das in keiner Weise thematisiert. Dies ist nur einer der vielen spannenden Gründe, warum wir uns als DIE LINKE so vehement und erfolgreich für einen U-Ausschuss im Hessischen Landtag eingesetzt haben.
Ich hoffe Ihre Fragen ausreichend beantwortet zu haben. Alles Weitere ist Gegenstand der Arbeit des NSU-Untersuchungsausschusses.
Mit freundlichen Grüßen
Hermann Schaus