Frage an Hermann Färber von Fabian S. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Färber,
Ich wollte Sie zum Thema Steuerflucht der Multimilliarden Konzerne ansprechen.
Ich habe vor einiger Zeit einen Artikel hier auf abgeordnetenwatch zum Thema "Kostentransparenz gegen Steuerflucht einführen" gelesen. https://www.abgeordnetenwatch.de/bundestag/abstimmungen/konzerntransparenz-gegen-steuerflucht-einfuehren?keys=73278#block-pw-vote-poll-charts
Neugierig darauf, wie die Bundestagsabgeordneten aus meinem Wahlkreis abgestimmt haben, schaute ich nach und bemerkte wie alle ( Auch Sie) mit NEIN gestimmt haben.
Darf ich fragen, wie Sie zum Thema Steuerflucht der Milliardenkonzerne stehen und warum Sie mit NEIN gestimmt haben.
Vielen Dank im Voraus.
Mit freundlichen Grüßen,
F. S.
Sehr geehrter Herr Stierl,
vielen herzlichen Dank für Ihre Frage bezüglich des Antrags der Bundestagsfraktion Die Linke zu Konzerntransparenz.
Wir sind uns auf sehr breitem Raum einig, dass es unfairen Steuerwettbewerb und Steuergestaltung gibt und auch darüber, dass etwas dagegen getan werden muss. Aus diesem Grund hat die Bundesregierung in der letzten Legislaturperiode unter Bundesminister Wolfgang Schäuble auf Europäischer Ebene den BEPS-Prozess mit eingeleitet.
BEPS steht für Base Erosion and Profit Shifting, auf Deutsch etwa Gewinnkürzung und Gewinnverlagerung. Auf OECD-Ebene wurde das BEPS-Projekt, also das Bemühen, die Gewinnverlagerung einzudämmen, bereits in 2015 beschlossen. Es gibt völkerrechtliche Verträge, auf deren Basis ein automatischer Informationsaustausch zwischen den Steuerverwaltungen der einzelnen Länder stattfindet. Dabei geht es z.B. um Gewinne, Anzahl der Arbeitnehmer und weitere 20 Kennzahlen, die zwischen den Finanzverwaltungen ausgetauscht werden.
Die Europäische Kommission hat eine Novelle vorgelegt die derzeit im sogenannten Trilog-Verfahren beraten und beschlossen wird, das heißt, das EU-Kommission, Europäisches Parlament und Europäischer Rat darüber eine Einigung erzielen müssen. Ein wesentlicher Inhaltspunkt des BEPS_Projektes, der 13. Punkt von insgesamt 15 Aktions-punkten, fordert das Coun¬try-by-Country Reporting, also die Berichterstattung der Unternehmen - allerdings soll diese nicht öffentlich sein.
Der Antrag der Bundestagsfraktion die Linke ging weit darüber hinaus, er forderte eine umfassende öffentliche länderspezifische Berichterstattungspflicht von multinationalen Konzernen und damit einen Bericht über alle wichtigen Konzernkennzahlen wie Umsatz, Gewinn und Steuern für jedes Land einzeln.
Deutschland und gerade die unionsgeführte Bundesregierung setzt sich - wie bereits gesagt - seit langem engagiert gegen internationale Steuervermeidung und Steuerhinterziehung ein. Seit 2015 wurde der Informationsaustausch zu Finanzkonten bereits mit über 100 Ländern beschlossen.
Zudem haben die EU-Finanzminister erst kürzlich eine Liste von nicht kooperativen (Dritt-)Staaten beschlossen. Als Kriterien werden neben Transparenzerfordernissen auch fairer Steuerwettbewerb und die Umsetzung der sog. BEPS Empfehlungen angewendet. Damit ist es international erstmals gelungen, Defizite einzelner Länder aufzulisten. Auch dies wird weiteren Druck auf Steueroasen auslösen, sich konform zu verhalten bzw. ihre Regeln an Mindeststandards anzupassen.
All die ergriffenen Maßnahmen werden allerdings nicht dazu führen, dass "auf Knopfdruck" sämtliche Steueroasen in der Welt verschwinden. Diese Staaten sind souverän - wir haben daher nur eingeschränkte Möglichkeiten, auf sie einzuwirken.
Die von der Bundestagsfraktion Die Linke geforderte Ausweitung der Transparenz auf eine öffentliche Transparenz, könnte jedoch diesen bislang erfolgreichen Weg sogar konterkarieren. Denn ein Informationsaustausch über Daten, wäre für die betroffenen Drittstaaten nicht mehr erforderlich. Sie würden auch ohne Preisgabe ihrer Daten, die Daten aus den anderen Staaten bekommen, die sich zu einer öffentlichen Transparenz verpflichten. In der weiteren Konsequenz würde dies zu einer Schwächung der europäischen Unternehmen beitragen und zu einem Verlust der Wettbewerbsfähigkeit führen, weil die Drittstaaten diese Konzernzahlen auswerten und sie im Wettbewerb gegen die europäischen Unternehmen einsetzen könnten.
Außerdem ist der Mehrwert einer öffentlichen Transparenz nicht erkennbar. Bürgerinnen und Bürger können zumeist mit diesen Informationen nichts anfangen. Im Gegenteil: Die Daten könnten falsch interpretiert werden und zu einem nicht gerechtfertigten Reputationsschaden bei den Steuerpflichtigen und Unternehmen führen.
Aus all diesen genannten Gründen wurde der Antrag der Bundestagsfraktion Die Linke von einer großen Mehrheit im Bundestag abgelehnt: 492 zu 120 Stimmen, sowie 2 Enthaltungen.
Mit freundlichen Grüßen
Hermann Färber