Frage an Herbert Schui von Falk S. bezüglich Recht
Sehr geehrter Prof. Dr. Schui,
seit August 2001 ist das Lebenspartnerschaftsgesetz in Kraft. In den vergangenen sechs Jahren wurden die eingetragenen Lebenspartnerschaften mit den gleichen Pflichten wie Eheleute belegt, d.h. alle Regelungen, die finanzielle Verantwortung füreinander beinhalten, gelten auch für Lebenspartnerinnen und Lebenspartner. Dem gegenüber stehen massive, diskriminierende Benachteiligungen, z.B. im Adoptionsrecht, im Erbschaftsteuerrecht (unterschiedliche Freibeträge) und bei Arbeitslosigkeit oder Arbeitsunfähigkeit (Anrechnung von Einkommen und Vermögen auf die staatliche Unterstützung). Im Gegensatz zu Eheleuten steht Lebenspartnerinnen und Lebenspartnern für geleistete Unterstützung aber nur ein steuerlicher Absetzungshöchstbetrag von 7.680 € zu. Eine gemeinsame Veranlagung wie bei Eheleuten ist nicht möglich. Lebenspartnerschaften werden somit für die Übernahme gegenseitiger Fürsorge vom Staat finanziell bestraft, während andererseits auch kinderlose Ehen vom Ehegattensplitting profitieren können. Auch im Beamtenrecht werden mir und meinem Lebenspartner bisher der Familienzuschlag und andere Leistungen verwehrt, die meinen verheirateten und ebenfalls kinderlosen Kolleginnen und Kollegen zuerkannt werden.
Mit dieser diskriminierenden Gesetzeslage liegt die Bundesrepublik Deutschland in Europa weit hinter anderen Ländern zurück – man könnte auch sagen, wir sind eins der Schlusslichter, was die Akzeptanz alternativer Lebensformen und deren gesetzliche Gleichstellung angeht. Hieraus resultiert meine konkrete Frage:
In welcher Weise setzen Sie persönlich sich auf Bundes-, Landesebene und in Ihrem Wahlkreis zurzeit für die Gleichstellung von eingetragenen Lebenspartnerschaften mit der Ehe ein?
Mit freundlichen Grüßen
Falk Siede
Sehr geehrter Herr Siede,
in Ihrer Kritik am Lebenspartnerschaftsgesetz vom August 2001 gebe ich Ihnen Recht, wenngleich festzuhalten ist, das es ein erster Schritt sein kann in einem Prozess, dessen Ziel schließlich die Gleichstellung einer Lebenspartnerschaft in Form einer Nicht-Ehe mit der Ehe ist. Gegenwärtig ist diese Gleichstellung nicht erreicht. Sie belegen das in Ihrer Frage zutreffend mit den wichtigsten Kritikpunkten. Also muss das Gesetz verändert, eben novelliert werden. Was kann ein Abgeordneter da „persönlich“ – das fordern Sie ja ein – tun?
Es ist festzuhalten: Die eingeforderte steuerliche Gleichstellung setzt ein entsprechendes Bundesgesetz voraus. Für einen Wirtschaftspolitiker der Linken ist eines klar: Eine Neuordnung der Steuern ist längst überfällig. Die Steuern auf Unternehmertätigkeit und Vermögen, die Gewinnsteuern, die Steuern auf hohe Vermögen und Erbschaften sind zu niedrig. Die Masseneinkommen (Lohn, Altersrenten) werden zu hoch besteuert. Dies klar zu machen hat Vorrang bei meiner politischen Arbeit. In diesem Zusammenhang erwähne ich gerne, dass eine Neugestaltung der Steuern – neben diesem äußerst wichtigen Verteilungsaspekt – auch den Gesichtspunkt Ehe/Lebenspartnerschaft beachten muss. Also für eine Novellierung des Gesetzes werben! Das kann ich ausdrücklich tun, indem ich die Ungleichbehandlung beim Namen nenne. Aber nicht nur das hilft weiter: Es geht um weit Grundsätzlicheres: Es kann nicht Sache der Steuergesetzgebung sein, bestimmten Formen von Lebenspartnerschaften als wünschenswert einzustufen und andere als weniger wünschenswert. Dies gilt, wenn wir uns darauf einlassen können, dass die Ehe eine Form von Lebenspartnerschaft ist.
Mit freundlichen Grüßen,
Herbert Schui