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Frage von Marian V. •

Frage an Herbert Schui von Marian V. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Schui,

bezüglich des geplanten Bad Bank-Modells der Bundesregierung hat diese mit Drucksache 16/13310 auf u.A. Ihre kleine Anfrage
( - Drucksache 16/13091) geantwortet.
Die Frage 6. wurde wie folgt beatwortet:

Frage:

6. "Sieht die Bundesregierung die Gefahr von Interessenkollisionen bei sachverständigen Dritten, welche die Bewertung der toxischen Papiere durch die abgebende Bank überprüfen sollen, sofern sie oder ihr Arbeitgeber mit der abgebenden Bank in Geschäftsbeziehung standen, stehen oder in der Zukunft stehen könnten, und wie begründet sie dies?"

Antwort:

"Um etwaige Interessenkollisionen zu vermeiden, sieht der Gesetzentwurf in § 6a Abs. 2 Nr. 3 vor, dass der sachverständige Dritte vom Fonds zu benennen ist und dass die Bankenaufsicht die Prüfung des sachverständigen Dritten bestätigt. Im Übrigen wird es sich bei sachverständigen Dritten regelmäßig um
Wirtschaftsprüfer handeln. Hier bestehen Leitlinien zum Umgang mit Interessenkonflikten."

Meine Fragen hierzu:
Wie kann ein Wirtschaftsprüfer den Wert der in eine Ban Bank auzulagernden toxischen Papiere auf ihre Werthaltigkeit überprüfen?
Muss sich der Wirtschaftsprüfer bei seiner Überprüfung nicht auf die Wertangaben der abgebenden Banken verlassen?
Ist sichergestellt, dass die den toxischen Papieren zugrunde liegenden Wertguchachten der abgebenden Banken dem aktuellen realen Immobilienwert entsprechen?
Sollte nicht vielmehr der Wert der den toxischen Papieren zugrunde liegenden Immobilien durch einen entsprechenden Immobiliensachverständigen zum aktuellen Wert ermittelt werden?

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Veseley,

ich teile Ihre Bedenken. Eine sichere Bewertung der so genannten toxischen Wertpapiere ist schlicht unmöglich. Erstens sind die zugrunde liegenden Verträge oft sehr komplex („strukturierte Produkte“). Zweitens ist die Bewertung zwangsläufig mit erheblicher Unsicherheit behaftet, da der tatsächliche wirtschaftliche Wert von der weiteren weltwirtschaftlichen Entwicklung abhängt.

In der Praxis wird sachverständigen Dritten daher nichts anderes übrig bleiben, als sich zumindest teilweise auf Angaben von Banken, Rating-Agenturen und oder anderen kommerziellen Dienstleistern zu stützen.

SPD und Union sehen in ihrem Gesetz zur Fortentwicklung der Finanzmarktstabilisierung ( http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/131/1613156.pdf ) auch vor, dass der tatsächliche wirtschaftliche Wert von der abgebenden Bank ermittelt wird und nicht vom Sachverständigen selbst. Dieser soll die Bewertung der Bank anschließend prüfen, die Bankenaufsicht soll sie bestätigen. Dies ist ein Eingeständnis, dass die eigenständige Bewertung aller zweifelhaften Vermögenswerte der Banken kaum mit vertretbarem Aufwand möglich ist.

Der Wert der Schrottpapiere hängt, da gebe ich Ihnen recht, auch vom Immobilienwert ab. Weitere Aspekte kommen hinzu. Um nur einige zu nennen: Entscheidend sind nicht nur die aktuellen Immobilienpreise, sondern auch ihre zukünftige Entwicklung. Das Ausfallrisiko von Immobilienkrediten hängt zudem von der Einkommensentwicklung der Schuldner ab. Ausserdem sind die Kredite verbrieft worden. Dabei wurden Risiken aufgespalten und getrennt verbrieft. Diese Forderungen und Verbindlichkeiten wiederum wurden zu Paketen unterschiedlicher Mischung zusammengeschnürt. Aus diesen Paketen wurden wiederum komplexere Pakete von Forderungen und Verbindlichkeiten gebildet. Teile der verbundenen Risiken wurden dabei durch Derivate abgesichert. Damit verbunden sind zusätzliche Risiken, wie das Ausfallrisiko von Kreditversicherern etc. Ausfallgefährdet sind inzwischen nicht nur strukturierte Immobilienkredite, sondern auch Unternehmensanleihen, Konsumentenkredite und andere Forderungen. Weder Bankenaufsicht noch Bundesregierung können präzise abgrenzen, welche Wertpapiere als toxisch gelten sollen.

Daraus wird deutlich, dass zur Bewertung der Papiere unter anderem eine Kenntnis des internationalen Rechtes und der zukünftigen wirtschaftlichen Entwicklung notwendig ist.

An der korrekten Bewertung aber hängt letztlich die Frage, wie viel Risiko die öffentliche Hand von den abgebenden Banken übernimmt. Die Nachhaftung der Banken, die jetzt vorgesehen ist, deckt dieses Risiko bei weitem nicht ab.

Die Konsequenz der schwedischen Regierung in den neunziger Jahren war die Verstaatlichung der Banken. Die Bewertungsfrage war damit keine Verteilungsfrage mehr. Verluste und Gewinne gehörten der öffentlichen Hand. Dies ist die Forderung der LINKEN in der Bankenkrise. Die Bundesregierung dagegen übernimmt letztlich die Verluste und überlässt den Privatbanken die Gewinne.

Mit freundlichen Grüßen
Herbert Schui