Frage an Herbert Reul von Guido S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr MdEP Reul,
ich bemühe mich seit einigen Jahren um Transparenz in Europa und nutze u.a. auch die Dokumentenzugangsverordnung 1049/2001 regelmäßig.
Halten Sie diese und die Instrumente zur Umsetzung des Rechts auf Dokumentenzugang für ausreichend?
Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass:
- die EU-Bürgerbeauftragte gerade erst erklärt hat ""neither the court nor the Ombudsman can oblige an institution to disclose a document" (vgl.: http://www.ombudsman.europa.eu/en/activities/speech.faces/en/54281/html.bookmark );
- die EU-Kommission kein nach Art. 11 der VO 1049/2001 eigentlich notwendiges (bis auf sensible Dokumente) vollständiges öffentliches Dokumentenregister unterhält, wohl aber eine interne Datenbank ARES, die im Prinzip genau jene Daten enthält die in einem öffentlichen Register zugänglich sein müssten, mir aber den Zugang zu den ARES-Dokumenten im Erstantrag verweigert und nach Ablauf aller Fristen auf meinen Zweitantrag lapidar erklärt "Leider sind wir nicht in der Lage, Ihnen ... fristgerecht endgültige Bescheide zuzusenden, da die Rücksprache mit anderen Dienststellen der Kommission andauert.“" (vgl.: http://www.asktheeu.org/en/request/ares_ii#outgoing-2757 );
- die EU-Gerichte mehr als 6 Jahre für Entscheidungen über Dokumentenzugangsanträge benötigen (auf meine Klage T-392/07 aus 2007 erging das erstinstanzliche Urteil 2013 das Urteil in zweiter Instanz steht noch aus, auf meine Klage T-221/08 aus 2008 hat bis heute nicht einmal eine mündliche Verhandlung in erster Instanz stattgefunden) und dann auch die nach EMRK eigentlich fällige Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer verweigern (siehe T-392/07); wobei aber in jenen Gerichtsverfahren ohnehin (s.o.) bestenfalls die Aufhebung des Ablehnungsbescheides und eben nicht der Zugang zu den geschuldeten Dokumenten erreicht werden kann.
Mit freundlichem Gruß
Guido Strack
Sehr geehrter Herr S.,
herzlichen Dank für Ihre Anfrage zum Thema Transparenz von Dokumenten.
Wie Sie wissen wurde hat das Europäische Parlament im März den Bericht über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten für die Jahre 2011-2013 angenommen. Dieser steht im Zusammenhang mit der Überarbeitung der von Ihnen angesprochenen Verordnung, die seit 2008 wegen der unrealistischen Forderungen der Sozialdemokraten im Parlament blockiert und noch immer anhängig ist. Dieser Bericht fordert totale Transparenz über sämtliche Dokumente aller EU-Institutionen. Nach Meinung der CDU/CSU-Gruppe im Europäischen Parlament sind die Forderungen eine Illusion und völlig überzogen. Sie gehen in großen Teilen weit über unser gemeinsames Ziel größerer Transparenz hinaus und schaden den Interessen der Bürgerinnen und Bürger mehr, als dass sie nützen. Zudem verstößt es gegen bestehende Gesetzgebung und missachtet interinstitutionelle Vereinbarungen.
Wir Christdemokraten haben immer gefordert, dass Entscheidungsmechanismen und Gesetzgebung der EU transparenter sein müssen und zwar unter Berücksichtigung von Privatsphäre, Datenschutz und Schutz von Geschäftsgeheimnissen und sensiblen Informationen. Das betrifft vor allem Gerichtsverhandlungen, Wettbewerbsverfahren und Personalunterlagen der EU-Institutionen. Allerdings muss man auch mögliche Konsequenzen berücksichtigen. Wir müssen diesen Zugang zu Dokumenten in eine vernünftige Balance mit den Erfordernissen des Datenschutzes bringen.
Es ist erschreckend, dass mit den Liberalen, Sozialdemokraten und Grünen ausgerechnet diejenigen, die sich sonst als die einzig wahren Datenschützer inszenieren, derart gravierende Verletzungen der Privatsphäre und des Datenschutzes insgesamt fordern.
Momentan liegt der Vorschlag der Kommission auf Eis. Es haben erste sogenannte Trilogverhandlungen stattgefunden (zwischen Rat, Kommission und Parlament), die jedoch schnell abgebrochen wurden. Das Europäische Volkspartei wird sich jedoch für eine baldige Fortsetzung der Gespräche einsetzen.
Das Thema Dokumentenzugang wird wie Sie wissen sehr kontrovers diskutiert. Als ehemaliger EU-Beamter ist Ihnen das Spannungsfeld zwischen der Arbeit einer Verwaltung und der Auskunftspflicht gegenüber Bürgerinnen und Bürgern aber sicherlich bekannt.
Beste Grüße
Herbert Reul MdEP