Frage an Herbert Reul von Stefan P. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Reul,
Ihre Kollegin Fr. Klamt hat mich an Sie verwiesen:
Mit großer Verwunderung las ich den Artikel in Junge Welt: "Datenautobahn zur CIA" vom 12.03.2008.
( Quelle: http://www.jungewelt.de/2008/03-12/059.php)
Wie ist es möglich, daß trotz Warnungen des Bundesdatenschutzbeauftragten Peter Schaar sowie des Bundesverfassungsgerichtes ein solcher Vertrag zustande kommt?
Grundlage dieses Vertrags ist laut Artikel der Prümer Vertrag (zwischenstaatliches Abkommen zwischen derzeit sieben EU-Mitgliedsstaaten, das die grenzüberschreitende Zusammenarbeit und insbesondere den Informationsaustausch zwischen den Vertragsparteien zum Zweck der Verhinderung und Verfolgung von Straftaten verbessern soll). Vertragspartner sind Belgien, Deutschland, Spanien, Frankreich, Luxemburg, die Niederlande und Österreich, jedoch nicht die USA !
Der Vertrag von Prüm ist kein EU-Abkommen.
Dieser Vertrag, der zwar nur zwischen einzelnen Staaten geschlossen wird, aber anschließend in EU-Recht aufgenommen werden soll, bedeutet meinem Rechtsempfinden nach eine Umgehung des EU-Parlaments. Außerdem verpflichten sich Staaten auch Daten an andere Staaten für Tatbestände weiterzugeben, die im eigenen Land unter Umständen keinen Straftatbestand ergeben.
Basiert obiger Artikel auf falschen Informationen?
Ich freue mich auf eine Antwort.
Mit freundlichem Gruß
Stefan Pahl
Sehr geehrter Herr Pahl,
vielen Dank für Ihre Mail vom 27. März über den Vertrag von Prüm, die ich über abgeordnetenwatch.de erhalten habe.
Der Vertrag von Prüm ist ursprünglich ein völkerrechtlicher Vertrag zwischen 7 EU-Mitgliedsstaaten (Belgien, Deutschland, Spanien, Frankreich, Luxemburg, die Niederlande, Österreich), der eine Vereinfachung der Verfahren zum Datenaustausch zwischen Strafverfolgungsbehörden der Unterzeichnerstaaten zwecks grenzüberschreitender Kriminalitäts- und Terrorismusbekämpfung vorsieht.
Der Vertrag von Prüm ist im Mai 2007 unter Initiative der deutschen Ratspräsidentschaft ins EU-Recht überführt worden. Insofern ist der Prümer Vertrag ein EU-Abkommen und die Bestimmungen dieses Vertrages gelten für alle EU-Mitgliedsstaaten. Zur Überführung wurde das Europäische Parlament konsultiert, gestern hat das Europäische Parlament über den Durchführungsbeschluss des ins EU-Recht überführten Prümer Vertrags abgestimmt. Insofern ist es nicht richtig zu sagen, dass das Europäische Parlament umgangen wurde. Allerdings ist es tatsächlich so, dass das Europäische Parlament in dieser Sache wie in jedem Gesetzesvorhaben, das die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit betrifft, derzeit noch kein Mitentscheidungsrecht hat. Es wird sich ändern, wenn der Vertrag von Lissabon in Kraft treten sollte.
Sie sprechen im Zusammenhang mit der Vertrag von Prüm die Problematik der Weitergabe von Daten an Drittstaaten an. Das ist ein sehr wichtiger Punkt, der im Rahmen eines umfassenderen Beschlusses über Datenschutz in Themen, die wie die Polizei- und Justizzusammenarbeit unter der 3. Säule fallen, mit aufgegriffen werden muss. Das Europäische Parlament drängt den Rat auf einen Beschluss über Datenschutz in der 3. Säule, der seit mehr als 2 Jahren auf sich warten läßt. Insoweit sind Datenschutzbestimmungen derzeit in den jeweiligen Rechtsinstrumenten geregelt und werden dereinst zusätzlich unter dem Dach des Rahmenbeschlusses zum Datenschutz in der 3. Säule geregelt werden. Die Weitergabe von Daten an Drittstaaten muss sehr genau definiert werden und unter sehr streng reglementierten Verfahren stattfinden.
Abschließend sprechen Sie die Problematik der unterschiedlichen Straftatbestände in den EU-Mitgliedstaaten an. Im Rahmen des Vertrages von Prüm fragen Strafverfolgungsbehörden Daten von Personen ab, die verdächtigt sind, Straftaten begangen zu haben, die in der Straftatenliste stehen, die den Erlaß eines europäischen Haftbefehls rechtfertigen. Diese Liste gilt für alle EU-Mitgliedsstaaten, so dass es nicht vorkommen kann, dass Personen für Straftatbestände gesucht werden, die einem anderem Mitgliedstaat keine sind.
Ich hoffe, Ihnen hiermit mehr Informationen über den Vertrag von Prüm geliefert zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Herbert Reul, MdEP