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Herbert Reul
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Frage von Karl Ulrich M. •

Frage an Herbert Reul von Karl Ulrich M. bezüglich Europapolitik und Europäische Union

Sehr geehrter Herr Reul,

vielen Dank für Ihre prompte Antwort, die mich aber nicht ganz befriedigt, wenngleich ich gern zugebe, dass die europäische Union ein ständiger Prozess ist, aber, wie mir scheint, ohne klares Ziel, und das offensichtlich, weil man sich nie auf ein klares Ziel einigen konnte, aber dennoch mal losgelegt hat. Dem entspricht m. E. auch die vergleichsweise unübersichtliche "Konstruktion" aus verschiedenen Institutionen (Kommission, Rat, Ministerrat, Parlament, EuGH) mit ihren noch unübersichtlicheren Kompetenzen.

Der Unterschied zwischen einem Bundesstaat und einem Staatenbund ist ja ziemlich klar definiert: Im Staatenbund behalten die Mitgliedsstaaten ihre Souveränität, in einem Bundesstaat haben die Bundesländer genau diese nicht. Insoweit habe ich bisher immer das Gefühl, dass sich viele Politiker ein wenig um diese Frage des Ziels herumdrücken. Man spricht stattdessen gern von "Integration", was natürlich hinlänglich undeutlich ist. Mir scheint auch, dass Großbritannien von ähnlichen Gefühlen geplagt wird. Die dortigen Vorstellungen scheinen mir eher in Richtung Staatenbund zu gehen.

Deshalb nochmals meine Frage: Will die CDU als Ziel einen europäischen Bundesstaat, was im Ergebnis bedeuten würde, dass die einzelnen Staaten und damit auch Deutschland dann in etwa die Bedeutung unserer heutigen Bundesländer hätten, oder ist doch der Staatenbund das Ziel?

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Sehr geehrter Herr Müller,

niemand kann voraussagen wohin sich die EU entwickeln wird. Ich auch nicht. Und weil die EU etwas völlig Neues ist, ist es nicht klar ob die klassischen Begriffe "Staatenbund" oder "Bundesstaat" dafür passend sein werden. Vermutlich sind beide Formen nicht passend. Denn in manchen Punkten sind wir heute schon eher bei einem Bundesstaat (z.B. in der Wettbewerbs- oder Handelspolitik) und in anderen Fragen eher ein Staatenbund (z.B. Verteidigungspolitik). Das Ziel muss sein, Europa realistisch weiterzuentwickeln. Und das geht nur Schritt für Schritt.

Das kann auch in Zukunft in vielen Bereichen mehr Europa bedeuten. So zum Beispiel in der Außenpolitik oder Energiepolitik. Da liegen große Chancen. In anderen Bereichen wäre es sinnvoll weniger Details europäisch zu regulieren. Ich finde es bedenklich, wenn die EU Glühbirnen verbietet oder Staubsauger reguliert. Da würde ich mir weniger EU-Kompetenzen wünschen. Oder gemeinsame Schulden, sogenannte Eurobonds. Das wird u.a. von SPD und Grünen gefordert - ich halte das für falsch und unrealistisch.

Dass man mit der EU "einfach mal losgelegt" hat, halte ich im Übrigen für eine der besten politischen Entscheidungen die je getroffen wurden. Wenn es die EU noch nicht gäbe, müsste man sie erfinden. Dank den Gründungsvätern Adenauer, Schuman, De Gasperi oder de Gaulle wahren wir seit fast 70 Jahren den Frieden in Europa. Natürlich wurden auf dem Weg auch mal Entscheidungen getroffen, die nicht gut waren. Aber wie sollen wir bei 7 Milliarden Menschen auf der Welt die Zukunft meistern, wenn nicht europäisch? 500 Millionen Europäer können mehr erreichen als 80 Millionen Deutsche.

Deshalb gilt es dieses Europa realistisch und pragmatisch für die Zukunft weiterzuentwickeln, mal mit mehr, mal auch mit weniger Kompetenzen auf EU-Ebene.

Mit freundlichen Grüßen

Herbert Reul

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