Frage an Herbert Reul von Michael J. bezüglich Gesundheit
Kann man auf EU-Ebene eigentlich noch was als Parlamentarier erreichen, oder ist alles fest in der Hand der EU-Kommission?
Wenn man sich z. B. ansieht wie schwach der Schutz vor Lobbygruppen (Pharmalobby, Aggrarlobby etc.) ist, dann frage ich mich ob man sich nicht als Parlamentarier am Ende des Tages machtlos fühlt.
Sehr geehrter Herr Janik,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Zunächst möchte ich auf den angeblich zu großen Einfluss der Kommission eingehen. Die Kommission hat zwar als „Hüterin der Verträge“ das Initiativrecht für Gesetzgebungsvorschläge, das bedeutet aber keineswegs, dass die Rechte des Parlaments dadurch eingeschränkt werden. Ganz im Gegenteil: Spätestens seit Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon 2009 ist das Europäische Parlament gemeinsam mit den EU-Mitgliedstaaten in fast allen Politikbereichen für die Gesetzgebung zuständig. Mitgliedstaaten und Parlament entscheiden gleichberechtigt gemeinsam über die Gesetzgebungsvorschläge der Kommission. Als Parlamentarier fühle ich mich deshalb keinesfalls machtlos.
Ausführliche Informationen zum ordentlichen Gesetzgebungsverfahren der EU finden Sie auch auf der offiziellen Seite des Europaparlamentes unter: http://www.europarl.europa.eu/aboutparliament/de/0081f4b3c7/Law-making-procedures-in-detail.html
Zu Ihrer Kritik des angeblichen Einflusses von Lobbyisten folgendes: Grundsätzlich halte ich es für richtig, wenn politische Entscheider in Kontakt mit sämtlichen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Interessensvertretern stehen. Die Politik muss schließlich mit den Betroffenen ihrer Gesetze reden. Oft erhalten Sie dadurch viele hilfreiche Informationen zu möglichen Auswirkungen eines Gesetzesvorhabens. Und diese Interessen sind meistens äußerst legitim, sowohl von Nichtregierungsorganisationen als auch von der Industrie.
Politiker müssen die vorgetragenen Argumente dann sorgsam abwägen. Wenn eine solche Interessensvertretung in geordneten Bahnen abläuft, und das tut sie meiner Erfahrung nach, halte ich Interessensvertretungen für die Politik für äußerst wichtig.
Mit freundlichen Grüßen
Herbert Reul