Frage an Herbert Reul von Martin R. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Reul,
Anlässlich der Erstellung einer Biogasanlage in unserer Umgebung möchte ich Sie fragen, ob es nach Ihrer Auffassung Volkswirtschaftlich unter den derzeitigen Gegebenheiten ( siehe nachfolgend ) vertretbar ist solche Anlagen zu genehmigen?
In diesen Biogasanlagen werden überwiegend Getreide, Mais und Zuckerrüben „vergast“. Diese Erzeugnisse werden im Anbau hoch subventioniert und anschließend das erzeugte Gas nochmals subventioniert.
Wie hoch sind die Subventionen für Getreide, Mais und Zuckerrüben bezogen auf den Weltmarktpreis?
Hat denn jemand unter Einbeziehung der Subventionen schon mal errechnet was ein Kubikmeter Biogas kostet?
Wie hoch sind die CO²- Emissionen unter Einbeziehung der zu „vergasenden“ landwirtschaftlichen Produkte einschließlich der Erzeugung der verwendeten Dünger usw. ?
Mit freundlichen Grüßen
Martin Rau
Sehr geehrter Herr Rau,
haben Sie vielen Dank für Ihre interessanten Fragen. Sie gehen allerdings von nicht mehr ganz aktuellen Annahmen aus. Von 2004 bis 2009 betrug die Beihilfe der EU für den Anbau von Energiepflanzen 45 Euro pro Hektar. Allerdings wurde das System 2005 grundlegend reformiert, sodass die EU die Beihilfen für Energiepflanzen 2009 letztmalig gewährt hat.
Die CDU/CSU-Gruppe im Europäischen Parlament hat sich schon lange für so genannte Flächenprämien auf EU-Ebene eingesetzt, die unabhängig vom angebauten Produkt gezahlt werden. Seit dieser Reform im Jahr 2005 werden über 98 % der Gelder in Form von Direktzahlung an die landwirtschaftlichen Betriebe als Betriebsprämie geleistet - und somit Anreize zur Überschussproduktion beseitigt.
Nach Auskunft der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernähung "haben die Direktzahlungen durch die Entkopplung keinen handelsverzerrenden Einfluss auf die Preise und die Produktion in anderen Staaten der Welt, insbesondere in Entwicklungsländern." Ferner werden die wenigen bisher noch an die Produktion gebundenen Direktzahlungen (für Energiepflanzen, Tabak, Eiweißpflanzen, Stärkekartoffeln und Schalenfrüchte) in den kommenden Jahren entweder abgeschafft oder in das System der entkoppelten Betriebsprämie integriert.
Wie hoch nun die CO2-Emissionen sind, kann pauschal kaum gesagt werden. Insgesamt jedoch führt die Nutzung von Biomasse den meisten Studien zufolge in Deutschland und der EU heute zu einer Senkung der CO2-Emissionen. Die Landwirtschaft in Europa spielt immer noch eine wichtige Rolle als CO2-Senke. Anders ist dies sicherlich bei Biomasse aus tropischen Ländern, wenn beispielsweise Regenwälder vernichtet werden. Aus diesem Grund hat die EU in ihrer Richtlinie zur Förderung Erneuerbarer Energien auch auf Nachhaltigkeitskriterien bestanden. Die genaue Höhe der Co2-Einsparung ist dabei vom verwendeten Dünger ebenso abhängig wie von der verwendeten Energiepflanze und dem verwendeten Verfahren.
Einen genaueren Überblick über die Zielsetzungen für NRW erhalten Sie im Biomasse-Aktionsplan NRW: http://www.umwelt.nrw.de/ministerium/presse/presse_extra/pdf/bioenergie.pdf Eine Übersicht über die Fördermöglichkeiten in NRW finden Sie in auf Seite 12 dieses Dokuments: http://www.nordrheinwestfalendirekt.de/broschuerenservice/download/70320/bioenergie_multitalent.pdf Dabei möchte ich nochmals betonen, dass es sich um rein nationale, teils länderspezifischer, Förderprogramme handelt, nicht um EU-Gelder. Deren Höhe lässt sich sicherlich kritisieren. Ich persönlich sehe sie aber weniger kritisch als die Förderung für die Solarindustrie, die in Deutschland kaum geeignet ist, einen wesentlichen Beitrag zur Energieversorgung zu leisten.
Mit freundlichen Grüßen,
Herbert Reul, MdEP