Frage an Herbert Reul von Oliver G. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehrter Herr Herbert Reul,
wie stehen Sie als Mitglied des Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie zur Open Access Debatte?
In den letzten Wochen wurde diese Diskussion mit dem "Heidelberger Appell" erneut befeuert.
Dagegen steht die Allianz der deutschen Wissenschaftsorganisationen die sich für einen freien Zugang zu Forschungsdaten aussprechen.
Als Student hat es mich immer gewundert weshalb der Zugang zu Publikationen für die Universitätsbibliotheken so kostspielig ist. Bei der Veröffentlichung einer Publikation werden die Dokumente von anderen Wissenschaftlern begutachtet und die Verlage tun nichts weiter als sie für den Druck aufzuarbeiten und an andere Bibliotheken zu verkaufen. Trotzdem kann das Abo einer Zeitschrift mehrere Tausend Euro Kosten. Die wissenschaftlichen Verlage verdienen also eine unmenge Geld damit, Publikationen von einer wissenschaftlichen Community entgegen zunehmen um sie dann an die selbe Community zu verkaufen. Dabei müssen die Verfasser der Publikationen auch noch einen großen Teil ihrer Rechte an den Verlag abtreten. Im Papierzeitalter mag diese Form der Verbreitung von wissenschaftlichen Inhalten ja noch angebracht gewesen sein, doch in zeiten des Internets können Dokumente direkt zwischen den Wissenschaftlern ausgetauscht werden, ohne einen Verlag!
Wie stehen Sie zu diesem Thema?
mfg
Oliver Graute
Sehr geehrter Herr Graute,
Robert Darnton, Direktor der Universitätsbibliothek Harvard, hat vor kurzem den Traum vom weltweiten freien Fluss von Ideen und Texten beschrieben. Die Open-Acces-Debatte wird nicht nur in Deutschland seit einigen Jahren geführt. Leider wird sie zunehmend polemischer.
Dabei muss unterschieden werden zwischen dem freien Zugang zu Forschungsdaten und dem freien Zugang zu Zeitschriftenaufsätzen. Forschungsdaten werden oft von Forschungseinrichtungen aufwändig gesammelt. Durch den Verkauf dieser Daten werden die hierbei entstehenden Kosten wieder reingeholt. Ein anderer Fall sind statistische Daten, wie sie etwa EuroStat bereitstellt. Diese sind frei zugänglich.
Was den freien Zugang zu Zeitschriftenaufsätzen betrifft, so kann ich mir gut eine Parallelität vorstellen. So hat sich die Zahl der Open-Access-Zeitschriften in den letzten Jahrzehnten, gerade auch dank der Verbreitung des Internet, deutlich erhöht. Hiervon profitieren nicht nur Studenten, sondern die weltweite Forschergemeinschaft. Auf der anderen Seite bin ich aber davon überzeugt, dass es viele Zeitschriften auch künftig in Papierform im Buchhandel oder im Abonnement zu kaufen geben wird. Und, auch wenn es altmodisch zu sein scheint, eine Bibliothek ganz ohne Bücher und Zeitschriften, mag ich mir nicht vorstellen. Das Stöbern in ihnen ist auch etwas sehr schönes.
Aus meiner Sicht handelt sich hierbei um zwei verschiedene Geschäftsmodelle, die beide ihre Berechtigung besitzen und im Wettbewerb bestehen müssen. Hier einzugreifen kann nicht Aufgabe der Politik sein.
Mit freundlichen Grüßen,
Herbert Reul