Frage an Herbert Mertin von Alfons H. bezüglich Umwelt
Sehr geehrter Herr Mertin
Die Südwestdeutsche Zeitung berichtete am 6.3.2010: Die FDP-Fraktion im Landtag RLP hält den vom Land unterstützten Aufbau von sog. Solarkatastern in den Landkreisen für rechtlich bedenklich.
Bei der Suche im Internet fand ich bei ENBAUSA.de mehr als 30 Kommunen und Landkreise, die inzwischen über ein Solarkataster verfügen. Die Entwicklerin, Prof. Martina Klärle, wurde inzwischen sogar mit der Wirtschaftsmedaille des baden-württembergischen Wirtschaftsministeriums ausgezeichnet und erhielt den Deutschen Solarpreis von EUROSOLAR.
Offensichtlich hat die Landesanstalt für Umwelt BW mit einem Widerspruchsrecht eine machbare Lösung gefunden.
Hat sich inzwischen Ihr Standpunkt geändert und konnten Sie die SPD-geführte Landesregierung mit konkreten Vorschlägen zur Überwindung der aus Ihrer Sicht rechtlichen Bedenken unterstützen?
Die Ausweisung landesweiter Solarkataster würde auch den von Ihnen betreuten Mittelstand in der Region fördern oder sehen Sie dies anders?
Ganz anders verhält es sich bei Ihrer Position zu Laufzeitverlängerung von Kernkraftwerken.
Hier verstecken Sie sich m.E. in Ihrer Antwort vom 18.2. zum Thema Umwelt hinter Ihrem Parteikollegen und eigentlich Verantwortlichen für dieses Desaster, Wirtschaftsminister Brüderle und erläutern diese mit überholten, unzutreffenden Argumenten zu „Brückentechnologie, Versorgungslücken, Vorrang für EE-Strom (BMWi.de ist dabei dies zu kappen), sicherste Kernkraftwerke (IPPNW.de - Biblis mit wesentlichen Mängeln), billiger Atomstrom zu punkten.
Die Mehrheit der Bevölkerung lehnt eine Laufzeitverlängerung ab. Stadtwerke und Mittelstand werden massiv benachteiligt.
Können Sie mir erklären, warum Sie hier keine Bedenken gegenüber den Verantwortlichen Ihrer Partei geltend gemacht haben?
Die Bedenken einiger „seriöser Fachleute“ und Antworten zu Ihren falschen Argumenten finden Sie z.B. bei IPPNW.de – UMWELTINSTITUT.org – DUH.de – UMWELTRAT.de
MfG
Alfons Houben, Landau
Sehr geehrter Herr Houben,
vielen Dank für die ergänzenden Links. Ihre Fragen möchte ich im Folgenden gern beantworten.
Die FDP sieht Solarkataster nicht in jedem Fall als bedenklich an. Es handelte sich lediglich um die konkret in der Planung befindliche Ausgestaltung und die Folgewirkungen, die wir mit unserer Kritik aufgegriffen haben.
Es ist auch der Kritik und den Anregungen der FDP-Landtagsfraktion zu verdanken gewesen, dass die Landesregierung sowie der Landesbeauftragte für den Datenschutz erneut mit vielen Landkreisen und Städten, die die Einführung eines Solarkatasters geplant haben, in Kontakt getreten sind, und die Konzeption in datenschutzrechtlicher Hinsicht überarbeitet haben.
Für die FDP spielen dabei vor allem folgende Gesichtspunkte eine Rolle:
- Die Solarkatastererstellung sollte so erfolgen, dass der einzelne Gebäudeeigentümer die Entscheidung darüber behält, ob er die Geeignetheit seiner Dachfläche öffentlich machen möchte, oder nicht. Die Gefahr einer Art „Prangerwirkung“ ist nicht nur gegeben, sondern, wie Aussagen mancher Befürworter von derartigen Katastern belegen, sogar eindeutig erwünscht. Da jedoch eine Vielzahl von Gründen auch bei guter Geeignetheit gegen eine Nutzung von Photovoltaikanlagen sprechen kann, und diese Gesichtspunkte möglicherweise empfindliche persönliche Rechte eines Gebäudeeigentümers betreffen können, ist für die FDP ein grundsätzlich öffentliches Solarkataster ohne Widerspruchsrechte nicht tragbar gewesen.
- Auch die Entscheidung darüber, ob ein Eigentümer Angebote für seine öffentlich einsehbaren Dachflächen inklusive Finanzierung erhalten möchte, und von wem, sollte er selbst treffen. Die ursprünglich angedachte Konzeption, von den lokalen Banken diese Berechnungen gemeinsam mit örtlichen Handwerkern zu erstellen, boten erheblichen Anlass zur Nachfrage, da hier nicht ausgeschlossen werden kann, dass beispielsweise nur solche Betriebe Zugriff auf die Daten erhalten, die Bankkunde der federführenden Bank sind.
Darüber hinaus sollte eine Verwendung von bereits erhobenen Geodaten erfolgen, die in der bisherigen Erhebung zwar für die Erfüllung hoheitlicher Aufgaben vom Datenschutzrecht zulässig sind, aber hier für kommerzielle Interessen genutzt werden sollen. Dies ist unserer Meinung nach vom Datenschutzrecht so nicht abgedeckt und hat daher zu unterbleiben.
Grundsätzlich kann ein Solarkataster auch für die örtliche Wirtschaft sinnvoll sein. Dies muss jedoch in einer Art und Weise geschehen, die die Rechte und Interessen insbesondere der Eigentümer von Dachflächen bewahrt.
Hinsichtlich der Verlängerung der Laufzeiten von Kernkraftwerken in Deutschland bringen die neuesten Ereignisse zunächst die Verpflichtung zur Hilfeleistung für die japanische Bevölkerung, die nach einer beispiellosen Katastrophe mit zahlreichen Opfern mit den akut vorhandenen Problemen ringt. Die Solidarität mit Japan hat hier meines Erachtens Vorrang vor der voreiligen Instrumentalisierung bestimmter Folgen für eine innenpolitische Debatte oder gar den Wahlkampf.
Jedoch muss zweifellos auch die Sicherheit deutscher Kernanlagen im Lichte der in Japan gewonnenen Erkenntnisse überprüft werden. Die Verlängerung der Laufzeiten erfolgte aus Sicht der FDP ohnehin stets unter dem Vorbehalt, dass die Sicherheit der Bevölkerung dem Weiterbetrieb einer Anlage vorzugehen hat. Insbesondere hat die Bundesregierung das ursprünglich unter rot-grün im Atomausstieg vereinbarte Modernisierungsmoratorium aufgehoben, um die Möglichkeit zu bieten, Kraftwerksbetreibern auch für die verbliebene Restlaufzeit Sicherheitsauflagen machen zu können.
Die Charakterisierung der Kernkraft als reine Übergangslösung, die als „Brückentechnologie“ dabei helfen soll, den Umbau der Energieversorgung auf die erneuerbaren Energien zu ermöglichen, wird hierdurch nicht in Frage gestellt, insbesondere, da bereits die im rot-grünen Atomkonsens vereinbarten Restlaufzeiten einen Weiterbetrieb vorgesehen haben.
Aufgrund der jüngsten Ereignisse verweise ich überdies auf den aktuellen Beschluss des FDP-Präsidiums, den Sie auf der Homepage der Partei unter der Adresse http://www.liberale.de/files/3095/P-Nach_der_Naturkatastrophe-Solidaritaet_mit_Japan.pdf abrufen können, und den ich inhaltlich sehr begrüße.
Mit freundlichen Grüßen
Herbert Mertin MdL