Frage an Herbert Mertin von Alfons H. bezüglich Umwelt
Sehr geehrter Herr Mertin,
vielen Dank für Ihre Antwort vom 17.03.2011
Ihr Präsidiumsbeschluss vom 14.03.2011 beinhaltet:
Für die FDP bleibt klar: Wir wollen den Umbau der Energieversorgung hin zum Zeitalter der Erneuerbaren Energien. Die Kernkraft war und ist für uns nur eine zeitlich befristete Brückentechnologie bis zu ihrem endgültigen Auslaufen.
Sie verweisen ergänzend darauf, dass Kernkraft als reine Übergangslösung anzusehen sei, die als "Brückentechnologie" dabei helfen soll, den Umbau der Energieversorgung auf die erneuerbaren Energien zu ermöglichen
Gestatten Sie mir hierzu noch folgende Nachfrage.
1) Sind Sie auch wie ich der Ansicht, dass die DEZENTRALE erneuerbare Energieerzeugung zur Förderung des regionalen Handwerks vorrangig zu behandeln ist? Die Investitionen von Privatpersonen und Stadtwerken dürften ja ein mehrfaches dessen ausmachen, was die 4 Energiekonzerne bisher investiert haben.
2) Sind Sie auch der Meinung, dass die „Brückenfunktion“ der Kernkraft so gewertet werden sollte, dass in dem Maße, wie die Anteile der erneuerbaren Energien an der Stromproduktion steigen, auch die Kernkraft zurückgefahren werden müsste, d.h. Abschaltung der letzten Anlagen zwischen 2020-2030 (gem. Nationalem Aktionsplan), vorausgesetzt die EE können den Anteil der Kernkraft vollständig übernehmen. Dies würde auch der Aussage der Kanzlerin entsprechen, so schnell wie möglich das Zeitalter der Erneuerbaren zu erreichen.
3) Der Ausbau der Stromnetze und Speicheranlagen muss sicherlich forciert werden, da seitens der 4 Energiekonzerne diese Aufgabe seit Jahren verschleppt wurde.
Aber sehen Sie es ebenso wie ich, dass nun nach Abschaltung der alten Reaktoren (vorausgesetzt, es ist kein Wahlkampftrick und sie gehen dauerhaft vom Netz) die durch diese bisher blockierten Stromtrassen und Speicherkraftwerke durch die EE genutzt werden könnten, was wiederum die Notwendigkeit hektischen politischen Handelns etwas reduzieren würde.
MfG
Alfons Houben, Landau
Sehr geehrter Herr Houben,
vielen Dank für Ihre Nachfragen, die ich Ihnen gern beantworten will.
1.) Dezentrale Energieproduktion kann helfen, die Netzstrukturen zu entlasten und Energiekosten für teilweise "Selbstversorger" zu senken. Hierzu sind allerdings auf lokaler Ebene auch erhebliche Netzum- und -ausbauten notwendig, die der wachsenden Bedeutung insbesondere der erneuerbaren Energien Rechnung tragen. Die FDP setzt sich dafür ein, möglichst vielen Technologien die Chance zu geben, langfristig unabhängig von fossilen und nuklearer Energie zu werden. Deshalb befürworten wir dezentrale und flexible Lösungen, halten einen generellen Vorrang allerdings über den Einspeisevorrang für erneuerbaren Strom im EEG hinaus für nicht geboten. Es gibt eine Vielzahl von Konzepten und Gestaltungsmöglichkeiten, wie auch Blockheizkraftwerke, beispielsweise im genossenschaftlichen Betrieb effizient und konkurrenzfähig betrieben werden können und zur weiteren Dezentralisierung und Flexibilisierung der Stromversorgung in Rheinland-Pfalz beitragen können, ohne dass hier eine gesetzliche Vorfahrtsregelung geschaffen werden müsste.
2.) Investitionen in die Sicherheit benötigen planbare und verlässliche Vereinbarungen. Ich halte es im Rahmen der derzeitigen Lage für verfrüht, abschließend über diese Frage zu entscheiden, da auch rechtliche Gesichtspunkte zugunsten der Kraftwerksbetreiber berücksichtigt werden müssen. Soweit allerdings die Versorgungssicherheit durch Zuwachs alternativer Energiequellen zur Kernenergie zu jedem gegebenen Zeitpunkt gewährleistet werden kann, erscheint es mir durchaus sinnvoll, die sukzessive Stilllegung weiterer Kernkraftwerke sobald als möglich ins Auge zu fassen. Vorrangig sollte jedoch die Frage der Sicherheitskonzepte im Mittelpunkt stehen, um auch innerhalb der Zeit, in der Deutschland noch auf Atomenergie angewiesen ist, die Gefahr eines Versagens der Notfalleinrichtungen in allen deutschen Kernkraftanlagen weiter zu verringern.
3.) Die direkt von den Kraftwerken ausgehenden Stromtrassen sind für eine Nutzung für alternative Energien weitestgehend nutzlos. Auch die Notwendigkeit weiterer Ost-West- und Nord-Süd-Verbindungen zum Transport von elektrischem Windstrom aus windreichen Regionen in Flautengebiete wird durch die Abschaltung der Kernkraftwerke m.E. nicht wesentlich verringert. Zudem erfordern, wie in meiner ersten Antwort bereits angesprochen, gerade dezentrale Lösungen besonders auf lokaler und regionaler Ebene massive Ausbauten, um den früheren "Einbahnbetrieb" von den Großkraftwerken hin zu den Abnehmern und Verbrauchern in ein intelligentes Netz umzubauen, dass vor allem auch die schwankenden Einspeisungen durch dezentrale Solarkraft- und örtliche Windparks zu regeln in der Lage ist.
Mit freundlichen Grüßen
Herbert Mertin MdL