Hennig Brandes
CDU
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Frage von Ralf B. •

Frage an Hennig Brandes von Ralf B. bezüglich Finanzen

Im Regierungsprogramm 2008 - 2013 der CDU in Niedersachsen werden „Solide Finanzen – auch für kommende Generationen“ versprochen.

Im Rat der Stadt Braunschweig wurde mit den Stimmen der CDU dem Verkauf der Abwasserkanalnutzung an den französischen Konzern Veolia Environnement zugestimmt. Den Bürgerinnen und Bürgern wurde erklärt, damit sei eine 20-30jährige Gebührenstabilität verbunden gewesen.

Referenzen:

„Gebührenstabilität. Vereinbart wurde sogar ein Sinken der Gebühren ab 2007 um mindestens 5 Prozent in den nächsten 20 Jahren." (Dr. Hoffmann (CDU) während der Vorstellung des Ergebnisses des Bieterverfahrens). Braunschweiger Zeitung, 8. November 2005, Seite 19.

„Sehrt und Karl Grziwa, CDU-Mitglied im Finanzausschuss, zählten die positiven Auswirkungen der Privatisierung auf: Die Kanalanlagen blieben im Besitz der Stadt. Es werde kein kommunales Eigentum verkauft. Es gebe in Deutschland wohl eine einmalige Gebührenstabilität beim Abwasser über 30 Jahre." Braunschweiger Zeitung, 25. Januar 2006, Seite 21.

Bereits 1 Jahr später wurde jedoch im Rat der Stadt Braunschweig mit den Stimmen der CDU eine Erhöhung der Abwassergebühren für das folgende Jahr um 6,9% beschlossen.

Referenzen:
http://braunschweig.de/rat_verwaltung/verwaltung/fb20_1/Haushalt_2008_Anschreiben_an_den_Rat.pdf
„Schmutzwasserbeseitigung soll im nächsten Jahr um 6,9 Prozent steigen" (Braunschweiger Zeitung, 31. August 2007, Braunschweig Lokal, Seite 21).

Frage: Ist der Verkauf der Abwasserkanalnutzung an einen privaten Konzern und die anschließende Erhöhung der Abwassergebühren trotz vereinbarter 20-30jähriger Gebührenstabilität beispielgebend für Ihre Vorstellung, solide Finanzen auch für kommende Generationen zu erreichen?

Antwort von
CDU

Ja, die Privatisierung der Abwasserentsorgung in Braunschweig entspricht einer generationengerechten Finanzpolitik. Aus Zeitgründen kann ich nun keine ausführliche Abhandlung zu Privatisierungen schreiben, deshalb stichwortartig die 3 wichtigsten Punkte:

1. Meine Vorstellung ist, dass sich der Staat auf seine Kernaufgaben beschränken soll und im Bereich der Daseinsvorsorge nur dann selbst tätig sein soll (im Fall Abwasser z.B. als Stadtentwässerungsamt), wenn er diese Aufgabe nachweislich besser erledigen kann, als private Dienstleistungsunternehmen.

2. Meine Vorstellung ist weiter, dass Privatisierung nicht um der Privatisierung willen erfolgen soll, sondern erstens nur aus o.g. Erwägungen (siehe 1.) und zweitens der Privatisierungserlös nicht dazu dienen darf, Haushaltslöcher zu stopfen (d.h. nicht konsumiert werden darf), sondern zum Schuldenabbau bzw. für Investitionen dienen muss. Das war in Braunschweig der Fall, die Schulden wurden von 470 Mio € (2001) auf 148 Mio € (2008) abgebaut, durch ein Sparprogramm und Privatisierungen. Damit hat Braunschweig bundesweit positive Schlagzeilen gemacht und Fachleute bestätigen diesen Erfolg eindeutig (z.B. Bund der Steuerzahler). Der Schuldenabbau führt dazu, dass Zinszahlungen an Banken drastisch sinken und dieses Geld besser sinnvoll investiert werden kann und den Bürgern zu Gute kommt. Im Land wird von CDU/FDP gleichermaßen verfahren (Sparprogramm und Privatisierung). Mit Erfolg: Abbau der Neuverschuldung von 3 Milliarden (2002) auf 550 Millionen Euro (2008). Übrigens hat auch die SPD/Grüne Vorgängerregierung privatisiert (z.B. Harzwasserwerke, Toto/Lotto usw.), dieses Geld aber leider nicht zum Schuldenabbau eingesetzt sondern gleich wieder ausgegeben. Das ist nicht meine Vorstellung! Denn, der Anstieg der Verschuldung (trotz Privatisierung) zu Zeiten der SPD/Grüne-Regierung von 19 auf 43 Mrd. Euro (1990 bis 2002) und die massive Neuverschuldung von 3 Mrd. Euro im Jahr ist alles andere als eine generationengerechte Politik.

3. Konkret zum Abwasser: Wie bei allen Privatisierungen der Daseinsvorsorge führt die Stadt die Arbeiten danach nicht mehr selbst durch, sondern beauftragt einen privaten Dienstleister. Während die Stadt die entstandenen Kosten vor der Privatisierung einfach als Gebühr auf die Bürger umgelegt hat, wurden im Zuge der Privatisierung die Leistungen zunächst konkret beschrieben, in Leistungsverträgen gefasst und dann an private Anbieter ausgeschrieben, die im Wettbewerb dafür "Leistungspreise" geboten haben. Der günstigste Anbieter hat den Zuschlag bekommen und führt nun nach diesen Leistungsverträgen die Arbeiten zu festgelegten Preisen durch. Die Leistungspreise werden jährlich auf die Gebührenzahler umgelegt. Das Kanalnetz wurde an den privaten Anbieter vermietet und - wie gesagt - sozusagen der 20jährige Mietpreis an die Stadt bezahlt (und zum Schuldenabbau eingesetzt s.o.). Wer sich mit Abwassergebühren beschäftigt weiß, dass natürlich diese Gebühren langfristig real nicht gleich bleiben oder sogar sinken können. Dies zum einen wegen allgemeiner Preissteigerungen (die Löhne steigen nun mal, genauso andere Vorleistungen) und - noch entscheidender - die Abwassermenge sinkt. Warum? Weil die Bürger Wasser sparen, Brauchwasser nutzen etc., d.h. der Frischwasserbedarf anhand dessen die Abwassergebühr berechnet wird, deutlich sinkt. Das ist übrigens beim Müll genau so und ja aus Umweltgründen auch gut. Da aber die fixen Kosten für die Unterhaltung des Kanalnetzes nicht auch sinken, steigt nun mal die Gebühr, die ja pro Kubikmeter berechnet wird. Das passiert beim städtischen Eigenbetrieb und ist auch bei der Privatisierung der Fall. Nur beim städt. Eigenbetrieb werden jeweils entstehende Kosten einfach als Gebühr umgelegt und im privatisierten Betrieb liegen die Kosten aufgrund der abgeschlossenen Leistungsverträge weitgehend fest, d.h. die Stadt und so auch die Bürger haben für die Vertragslaufzeit Gebührenklarheit. Was die aktuelle Gebührenerhöhung angeht, so entspricht sie der vereinbarten Entgeltanpassung. Die durch die Privatisierung erreichte Gebührensenkung ist so zu verstehen, dass die Gebühr im Vergleich zum städt. Eigenbetrieb sinkt. Bei der Gebührenfrage sollte man übrigens nicht immer nur auf Anpassungen nach oben hinweisen, sondern auch an solche nach unten, die es ja in Braunschweig im Bereich Abfallentsorgung und Straßenreinigung gibt.

Mit freundlichem Gruß
Hennnig Brandes