Portrait von Hellmut Königshaus
Hellmut Königshaus
FDP
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Hellmut Königshaus zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Stefan K. •

Frage an Hellmut Königshaus von Stefan K. bezüglich Verkehr

Sehr geehrter Herr Königshaus,

in den Medien gibt es zum Teil sehr widersprüchliche Meldungen zum Thema Verkauf der Bahn.
Nein, ich bin kein Umweltaktivist, aber ich bin aktiver Bahnkunde und habe Angst, dass dieses Stück Eigentum des deutschen Volkes für einen Appel und ein Ei verschleudert wird. Es wundert mich sehr, dass insbesondere dann, wenn ein Unternehmen nahezu eine Monopolstellung hat, dieses nicht wirtschaftlich arbeiten soll.

Bitte teilen Sie mir Ihren Standpunkt mit, insbesondere plädiere ich hier für eine namentliche Abstimmung, damit wir gemeinsam auch die schwarzen Schafe entdecken.

Vielen Dank

Portrait von Hellmut Königshaus
Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Krajewski,

vielen Dank für Ihr Schreiben zur Bahnprivatisierung.

Zunächst: ich werde gegen den von der Bundesregierung vorgelegten Entwurf stimmen, aber nicht, weil ich gegen die Privatisierung an sich wäre, sondern weil mit jetzt der konkret beabsichtigten Regelung die von Ihnen befürchteten Nachteile tatsächlich eintreten könnten.

Die FDP will den Verkehrsträger Schiene stärken und die Belastungen des Steuerzahlers senken. Das Schlüsselinstrument dafür ist Wettbewerb, auch auf der Schiene. Das ist auch die beste Gewähr für die Sicherung von Beschäftigung im Bahnsektor. Denn eine öffentlich geführte Bahn wird, das zeigen die Erfahrungen der Vergangenheit, als „unwirtschaftlich“ eingeschätzte Strecken einstellen, anstatt nach Möglichkeiten zu suchen, durch Steigerung der Attraktivität neue Kunden zu gewinnen und so die Wirtschaftlichkeit wieder herzustellen. So haben private Bahnunternehmen eine Reihe von Verbindungen von der Bundesbahn bzw. der Bahn AG übernommen oder sogar nach einer Einstellung des Betriebes wieder angeboten, die der Staatsbetrieb nicht mehr aufrechterhalten wollte.

Es ist daher genau anders herum, als es die Kritiker einer Privatisierung immer wieder behaupten: Privatisierung ist eher eine Chance als ein Risiko für die Angebote in der Fläche. Die Behauptung, dass gerade wegen der Privatisierung Preise erhöht oder Angebote in der Fläche verkürzt werden könnten, ist sowieso nicht schlüssig: da die Nah- und Regionalverkehre von der öffentlichen Hand „bestellt“ und von ihr die Defizite gedeckt werden, hat auch ein privater Anbieter an einer solchen Angebotsverkürzung überhaupt kein Interesse, und von einer Preiserhöhung hätte er selbst gar nichts.

Dass eine „öffentliche“ Bahn eine Gewähr für die gute Unterhaltung der Bahnanlagen wäre, kann man ja wohl angesichts des Beispiels der Deutschen Bahn AG nicht wirklich behaupten. Der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg hat beispielsweise mehr als 600 Langsamfahrstellen aufgelistet, die zu Geschwindigkeitseinbrüchen führen und die auf mangelnde bauliche Unterhaltung zurückzuführen sind. In anderen Bereichen ist es ähnlich. Es ist nämlich genau umgekehrt, als Sie annehmen: da die Bahn AG den Unterhalt selbst zahlen muss, eine Grundsanierung aber vom Bund bezahlt wird, liegt es keineswegs in ihrem Interesse, teuere Unterhaltungsarbeiten durchzuführen, wenn mit etwas Zuwarten auch eine Grundsanierung zu begründen ist. Das hat also mit der Frage „öffentlich“ oder „privat“ überhaupt nichts zu tun.

Die häufig angesprochenen Probleme, die bei der Bahnprivatisierung in anderen Ländern aufgetreten sind, haben übrigens nichts mit der Privatisierung an sich, sondern mit der Art ihrer Durchführung zu tun. Wenn bei der Privatisierung eine Bahn übergeben wird, die der bis dahin (übrigens staatliche) Betreiber nicht ausreichend unterhalten hat, dann kann der private Übernehmer sie nur dann sanieren, wenn er dafür entweder Geld vom Staat erhält oder aber über höhere Fahrpreise die Sanierungskosten erwirtschaften kann. In den von Ihnen genannten Fällen war keine der beiden Bedingungen erfüllt, weil der jeweilige Staat kein Geld gab und dennoch Fahrpreiserhöhungen untersagte.

Die FDP-Bundestagsfraktion lehnt allerdings gerade deshalb das Modell der sogenannten Teilprivatisierung, das Verkehrsminister Tiefensee jetzt vorgestellt hat, entschieden ab. Es hat mit einer echten Privatisierung nichts zu tun, weil es die auf Kosten des Steuerzahlers geschaffene Infrastruktur bei einem der zukünftigen Wettbewerber, der Bahn AG, belässt, die damit den Wettbewerb blockieren kann und das als Wirtschaftsunternehmen auch tun wird. An dem Dilemma der unzureichenden Unterhaltung würde sich indessen nichts ändern, im Gegenteil.

Aus Sicht der FDP-Bundestagsfraktion muss deshalb bei der Privatisierung zwischen den Infrastrukturbereichen einerseits und den Transport- und Logistikbereichen andererseits unterschieden werden. Nach Art. 87e Absatz 3 Grundgesetz muss der Bund dauerhaft Mehrheitseigentümer der Infrastrukturgesellschaften bleiben. Das ist auch sinnvoll, weil die Infrastruktur – also vor allem das Schienennetz – auf Kosten des Steuerzahlers aufgebaut wurde und dauerhaft nur mit hohen Zuschüssen des Bundes unterhalten werden kann. Die Infrastruktur ist das Schlüsselinstrument, um Wettbewerb auf der Schiene zu ermöglichen. Aus diesem Grunde wollen wir, dass die Infrastruktur vom restlichen DB-Konzern getrennt und von der Privatisierung ausgenommen bleibt.

Ich werde mich dafür aussprechen, dass über den Regierungsentwurf namentlich abgestimmt wird.

Mit freundlichen Grüßen

Hellmut Königshaus