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Helge Lindh
SPD
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Frage von Daniel B. •

Würden Sie die staatliche Anerkennung von Erdogan nahen Gemeinschaften wie DITIB und ATIB als Religionsgemeinschaften in der BRD unterstützen?

Hallo Herr Lindh,

im Februar diesen Jahres haben Deniz Yücel und Andere den Widerspruch zwischen Ihrem konsequenten Handeln gegenüber der AfD und Ihrem Auftritt bei TRT aufgezeigt. TRT untersteht der türkischen Regierungspropaganda Erdogans, der antiwestliche Ressentiments, Nationalismus und Homophobie schürt. Zudem steht er den rechtsnationalen und antisemitischen Grauen Wölfen nah, deren Ableger in Deutschland die ATIB ist (deren Moschee Sie bereits besuchten). Inwieweit können Sie den Vorwurf Yücels nachvollziehen? Würden Sie die staatliche Anerkennung von Erdogan nahen Gemeinschaften wie DITIB und ATIB als Religionsgemeinschaften in der BRD unterstützen?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr B.,

herzlichen Dank für Ihre Frage. Ich bin mir der kritischen Aspekte, die Sie ansprechen, vollkommen bewusst.

In meiner Rolle als Politiker ist es meine Aufgabe, Dialoge zu führen und Brücken zu bauen, auch wenn es manchmal schwierig und umstritten sein kann. Meine Besuche und Auftritte sollen immer den Austausch und das gegenseitige Verständnis fördern und nicht als Unterstützung bestimmter politischer Ansichten oder Praktiken missverstanden werden.

Ich verstehe, dass es Bedenken bezüglich der politischen Ausrichtung und der Unabhängigkeit von TRT gibt. Es ist wichtig, dass Medienpluralismus, Meinungsfreiheit und unabhängige Berichterstattung gewahrt bleiben.

Mein Auftritt bei TRT sollte nicht als Unterstützung bestimmter politischer Ansichten oder Praktiken missverstanden werden. Als öffentliche Person ist es meine Aufgabe, den Dialog zu fördern und verschiedene Plattformen zu nutzen, um unterschiedliche Perspektiven zu diskutieren. Dies schließt auch Auftritte in Medien ein, mit denen ich nicht in allen Punkten übereinstimme.

Dennoch ist es wichtig, die redaktionelle Unabhängigkeit von Medien zu bewerten und kritisch zu hinterfragen. Die Wahrung journalistischer Standards und die Vermeidung von Einflussnahme auf die Berichterstattung sind entscheidend, um eine objektive und ausgewogene Medienlandschaft zu gewährleisten.

In Bezug auf die staatliche Anerkennung von muslimischen Gemeinschaften wie DITIB und ATIB möchte ich klarstellen, dass wir in Deutschland ein pluralistisches und inklusives Verständnis von Religion haben. Grundsätzlich befürworte ich die staatliche Anerkennung von Religionsgemeinschaften, einschließlich muslimischer, auch sunnitischer Gemeinschaften. Denn es ist wichtig, dass muslimische Bürgerinnen und Bürger das Gefühl haben, dass ihre Religion und ihre Praktiken in unserer Gesellschaft akzeptiert und anerkannt sind.

Bei der Anerkennung von Körperschaften öffentlichen Rechts spielt eine sorgfältige Überprüfung eine entscheidende Rolle. Dabei sind insbesondere die religiösen Belange und die Gemeinschaftsdynamiken von Bedeutung. Unsere Gesellschaft ist geprägt von Vielfalt und Inklusion, und jede Gemeinschaft, die als Körperschaft öffentlichen Rechts anerkannt wird, trägt auf einzigartige Weise dazu bei, diesen facettenreichen Charakter zu bereichern und zu erweitern. Der Schatz an Erfahrungen, Perspektiven und Beiträgen, den diese Gemeinschaften einbringen, ist Ausdruck unserer offenen Gesellschaft und dient der Gestaltung eines vielfältigen und lebendigen Deutschlands.

Gegenwärtig sehe ich innerhalb der muslimischen Gemeinschaft in Deutschland einen Transformationsprozess. Die neue Generation und in Deutschland ausgebildete Imame bringen frischen Wind und neue Perspektiven in die Gemeinschaften ein. Dies könnte in Zukunft zu einer größeren Diversität und vielleicht auch zu einer stärkeren Annäherung an unsere gesellschaftlichen Werte führen.

Abschließend möchte ich betonen, dass es in der Tat notwendig ist, die Bereitstellung muslimischer Seelsorge in Deutschland zu unterstützen und zu fördern. Dies ist ein wichtiger Aspekt, um das Gefühl der Akzeptanz und Zugehörigkeit in der muslimischen Gemeinschaft zu stärken. Es sollte jedoch in einem Rahmen erfolgen, der mit den Grundwerten unserer Gesellschaft kompatibel ist.

Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag.

Mit den besten Grüßen

Ihr Helge Lindh

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