Sehr geehrter Herr Lindh, weshalb schafft die Ampel nicht das Merit-Order-Prinzip ab und weshalb verbietet sie nicht, dass Gas- und Strompreise an der Börse gemacht werden?
Warum werden Strom- und Gaspreis nicht wieder voneinander entkoppelt (Abschaffung des Merit-Order-Prinzips), was nur zu gigantischen Übergewinnen der Energiekonzerne führt und vor allem dem Zweck dient, Aktionären die Taschen zu füllen? Weshalb macht sich die Bundesregierung in Brüssel nicht dafür stark, dass Strom- und Gaspreise in Zukunft nicht mehr an der Börse gemacht werden dürfen sondern, weil sie zur Daseinsvorsorge gehören und vor Spekulationsgewinnen geschützt werden müssen, wie vor 2000 (Strom) bzw. vor 2007 (Gas) nur noch nach marktwirtschaftlichen Kriterien am realen Markt (Produktionskosten, Angebot und Nachfrage)? Die Preise würden sofort sinken und am Markt würden sich die erneuerbaren Energien als die preisgünstigsten rasch durchsetzen. Die Einrichtung der Energiebörsen war ideologisch motiviert (Neoliberalismus, Turbokapitalismus) und keine der Versprechungen wie Effizienz oder sinkende Preise wurden erfüllt. Stattdessen subventioniert die Ampel Gas und Atomstrom.
Sehr geehrter Herr. K.,
vielen Dank für Ihre Frage und Ihr reges Interesse!
Das von Ihnen angesprochene Thema ist überaus komplex und die Frage nach der Abschaffung des Merit-Order-Prinzips ist alles andere als trivial. Die Arbeitsgruppe Klima und Energie arbeitet zum jetzigen Zeitpunkt mit Hochdruck an einer Reform des Strommarktdesigns die eine nachhaltige Lösung bietet.
Die angesprochenen Übergewinne sind natürlich ein großes Problem. Einige Unternehmen bereichern sich dadurch an der Krise, während viele Bürger*innen schwer mit den Belastungen zu kämpfen haben und kaum genug zum Leben haben; das darf so nicht bleiben! Zum aktuellen Zeitpunkt ist die Gasindustrie jedoch von enormer Bedeutung für Deutschland, da wir angesichts des nahenden Winters und der aktuellen Energiekrise nicht einfach auf die wertvolle Fernwärme verzichten können. Eine Entkopplung ist daher nicht so einfach möglich. Als vorübergehende Lösung des Problems sieht die Bundesregierung stattdessen vor, die Zufallsgewinne der Unternehmen auf dem Strommarkt abzuschöpfen und das Geld in die Finanzierung der Entlastungen für die Bürger*innen zurückzuführen.
Als langfristige Alternative zum Merit-Order-Prinzip gibt es verschiedene Alternativen, die in Erwägung gezogen werden, wie beispielsweise der Ansatz des sogenannten Kapazitätsmarktes. Allerdings müssen solche Reformprozesse gründlich durchdacht und abgewogen werden, da mögliche Folgen einer Fehlentscheidung gravierend sein könnten. Trotzdem bin ich zuversichtlich, dass die Expert*innen eine gute Lösung finden werden.
Auch weiterhin können Sie sich gerne mit Ihren Sorgen und Anliegen an mich wenden. Für weiterführende Gespräche könne Sie mich auch in meinem Büro für ein persönliches Gespräch besuchen.
Mit freundlichen grüßen
Helge Lindh