Heinz-Michael Kittler
DIE LINKE
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Frage von Jürgen F. •

Frage an Heinz-Michael Kittler von Jürgen F. bezüglich Wirtschaft

Im Gegensatz zur sog. öffentlichen Meinung sind nicht die Löhne (und Nebenkosten) zu hoch, sondern die Binnennachfrage in Deutschland fehlt, um die Wirtschaft zu beleben und damit Arbeitsplätze zu schaffen (bzw. zu sichern).

Welche Vorstellungen haben Sie, um die Kaufkraft jener zu stärken, die zurzeit zu wenig Geld haben?

Wie würde sich eine Abschaffung der Tarifautonomie auswirken?

Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Fürhoff.

Die in Ihrer gestellten Frage enthaltene Auffassung ist richtig.
Zusätzlich wird in unserer Gesellschaft in gewissen Kreisen aber auch noch diskutiert, ob überhaupt Bedarf bestünde, da man ja nur 3x täglich essen könne und ein zweiter Fernseher, ein Drittauto, noch mehr Bekleidung und eine zweite Segeljacht überhaupt nachgefragt würden.
Meiner Meinung nach besteht noch erheblicher Bedarf, allein die offizielle Kinderarmut hat sich auf 1.700.000 erhöht.
Die Frage ist also nicht nur: wie mehr Kaufkraft schaffen, sondern: Wie die Kaufkraft dorthin bringen wo der Bedarf ist.

Ganz eindeutig ist der Mehrbedarf bei den Reichen nicht zu vermuten, sie haben so viel Geldüberschuss über ihren gedeckten Konsum, dass sie mit dem überschüssigen Kapital den Staat in die Zinsknechtschaft bringen oder Kapitalflucht in die weite Welt begehen.

Der Bedarf liegt eindeutig bei den Arbeitnehmern. Denen wurde – von der lange schon bestehenden großen Koalition der sozialen Kälte – aber ihr Anteil am Volkseinkommen in den letzten 25 Jahren ganz erheblich beschnitten.

Während das Verhältnis von Lohn und Gewinn damals noch 1 : 3 war, ist es heute 1 : 2.
Also müssen die Interessenvertreter der Arbeitnehmer, die Gewerkschaften gestärkt, und nicht geschwächt werden.

Auch der Gesetzgeber hat zusätzlich umverteilt. Hat sich die Abgabenquote in diesem Zeitraum bei Lohn und Gehalt von 20 auf 35 % erhöht, hat sie sich bei Gewinn und Kapitaleinkunft von 20 auf 15 % reduziert.

Diese Umverteilung von unten nach oben ist zu stoppen und umzukehren. Die dafür erforderlichen Maßnahmen entnehmen Sie bitte www.Linkspartei.de . Neben Stärkung der Gewerkschaften, Zurück-Umverteilung über Steuern, spielt die Wirtschöpfungsabgabe eine besondere Rolle. Sie ersetzt die Lohnnebenkosten, entlastet Handwerk und Mittelstand, und bittet künftig auch z.B. Börsenmakler zur Kasse.

Das Deutschland das kinderfeindlichste Land auf der Welt ist, hängt ganz eng mit unseren (ebenfalls rein deutschen) demografischen Problemen zusammen. Wir streben einen gerechten Familienlastenausgleich an, der unseren Nachwuchs als gesamtgesellschaftliche Verpflichtung anerkennt. Es kann nicht sein, dass kinderlose Doppelverdiener sich ihre hohen Rentenansprüche von den Kindern derer bedienen lassen, die erziehungsbedingt Mindestrenten oder Grundsicherung im Alter beziehen. Auf dem Weg dorthin werden wir zunächst sofort das Kindergeld verdoppeln.

Zu ihrer zweiten Frage: Die Tarifautonomie hat sich in Jahrzehnten bewährt, nur neoliberale Ideologen bestreiten das. Ihre Schwächung würde die Tarifauseinandersetzung in die Betriebe tragen (Häuserkampf). Viele Betriebsräte, (wenn denn vorhanden) würden dem Druck nicht standhalten, oder es kommt zu betrieblich Streiks. In jedem Fall wäre die Wettbewerbsgleichheit einer ganzen Branche zerstört, und das Branchenlohngefüge bricht zusammen wie ein Kartenhaus. Niemand außer ideologischen Propagandisten kann das ernsthaft wollen.

Mit freundlichen Grüßen
Heinz-Michael Kittler