Frage an Heike Opitz von Florian J. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehrte Frau Dr. Opitz.
Frau Gregersen hat mich an sie verwiesen, da ich sie nach der Position der GAL Hamburg zu Studiengebühren an der Hamburger Uni gefragt habe.
In dem Wahlprogramm der Grünen für Hamburg 2008 steht, dass sie die Studiengebühren bei einer Regierungsbeteiligung wieder abschaffen würden, gleiches versicherte mir auch schon Frau Gregersen. Das freut mich ungemein!
In meinem täglichen Hochschulalltag erlebe ich keinerlei Verbesserung seit die Studiengebühren zum vergangenen Semester eingeführt wurden. Im Gegenteil: Ich bin bestürzt über die Verhältnisse unter denen Lehre in Hamburg vermittelt wird, das Ausmaß der Entdemokratisierung an der Uni, den "Maulkorb-Erlaß" (Frau Sabine Todt ist eine hervorragende Lehrende!) und das Schmalspur-Bachelor-Studium. Es stinkt gewaltig an der Uni Hamburg!
Die Grünen sprechen sich also konsequent gegen Studiengebühren aus, die SPD will zumindest ein kostenloses Erststudium wieder einführen. Bei einer rot-grünen Mehrheit könnten wir also mit der Abschaffung des gebührenpflichtigen Erststudiums in Hamburg rechnen?
1. Wie würde die Abschaffung der Studiengebühren - die hoffentlich vorhandenen Mehrheitsverhältnisse vorrausgesetzt - genau von statten gehen? Ist es so einfach den Beschluss zur Einführung der Studiengebühren von 2006 rückgängig zu machen? Wie lange würde das dauern?
2. Wie würden sich die Grünen zu diesem Thema in einer möglichen schwarz-grünen Koalition positionieren? Oder klarer: Könnte es eine grüne Regierungsbeteiligung unter Beibehaltung der Studiengebühren in Hamburg geben?
3. Wie stehen sie persönlich zur Idee eines Boykotts von Studiengebühren in Hamburg?
Viel Erfolg beim Wahlkampf!
Florian Jacobsen
Sehr geehrter Herr Jacobsen,
Ihre Einschätzung über die Wirkungen der Studiengebühren teile ich. Die negativen Wirkungen der Studiengebühren lassen sich schon jetzt feststellen, immer weniger Abiturienten und Abiturientinnen wollen studieren und drängen auf den Ausbildungsmarkt. Damit verdrängen sie die Menschen mit Realschul- oder Hauptschulabschluss. Auch ich konnte bisher nicht feststellen, dass es nachhaltige positive Verbesserungen durch die Einführung der Gebühren gibt. Im Gegenteil wird mir teilweise unter Hand gestanden, dass die Hochschulen nicht so recht wissen, wie sie die Gelder verwenden sollen, da es starke Beschränkungen zur Verwendung gibt (z.B. können keine Professuren damit finanziert werden, da diese nie ausschließlich für die Lehre zur Verfügung stehen).
Nun zu Ihren Fragen:
Zu 1.): Die Studiengebührenerhebung ist in § 6b des Hamburgischen Hochschulgesetzes geregelt. Diesen Paragraph müsste man abschaffen und sich eine Übergangsregelung für die aufgenommenen Kredite überlegen. Das könnte man sehr schnell umsetzen. Da eine gewisse Planungssicherheit für die Hochschulen erhalten bleiben muss, würden für das SoSe 2008 die Gebühren noch einmal fällig werden. Ab WiSe 2008/2009 könnten die Studiengebühren abgeschafft werden. Inwieweit es einen finanziellen Ausgleich für die Hochschulen geben müsste, sollte parallel mit den Hochschulen verhandelt werden. Die oft genannte Zahl von 46 Millionen Euro ist dabei völlig überhöht. Zunächst kommt bei ehrlicher Betrachtung viel weniger bei den Hochschulen an (wegen Verwaltungskosten und Rücklagen für den möglichen Ausfall bei der Rückzahlung der Kredite). Daneben muss dann betrachtet werden, ob überhaupt wichtige Dinge mit den Studiengebühren finanziert worden sind. Insoweit verweise ich auf meinen Eingangsbemerkung - ich glaube, in vielen Bereichen ist das nicht geschehen.
Zu 2.): Unsere Präferenz ist klar: wir wollen eine rot-grüne Regierung, und dann ist die Frage der Studiengebühren in Hamburg erledigt. Eine schwarz-grüne Regierung macht nur Sinn, um Schlimmeres, nämlich eine große Koalition, zu verhindern. Unabhängig von der Frage, wer unser Koalitionspartner ist, müssen die grünen Essentials in dem Koalitionsvertrag vorkommen. Und da gehört die Abschaffung der Studiengebühren dazu.
Zu 3.): Ich finde den Studiengebührenboykott wichtig und gut. Den größten Erfolg dabei sehe ich darin, dass deutlich wird, dass die Studierende gegen Studiengebühren sind und sich wehren! Und das die Studiengebühren weiter politisch thematisiert werden.
Mit freundlichen Grüßen
Heike Opitz