Was spräche Ihrer Meinung nach gegen die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens?
Zuerst wären Testdurchläufe vonnöten; aber wäre dies nicht eine innovative Möglichkeit, den Menschen (auch im Alter) neue Möglichkeiten zu geben? Ansätze zur Finanzierung (Finanztransaktionssteuer, Umweltsteuer, Erhöhung von Mehrwert/Verbrauchssteuern, Abbau von Bürokratie etc.) wären ja vorhanden.

Sehr geehrter Herr G.,
das Bedingungslose Grundeinkommen als armutsfestes Einkommen für alle Menschen, das ohne Bedürftigkeitsprüfung, Zwang zur Arbeit und andere Gegenleistungen in existenz- und teilhabesichernder Höhe individuell garantiert ist, halte ich für ein spannendes Konzept. In unserer Partei wird das emanzipatorische BGE deshalb zurecht seit langem diskutiert. Doch so verheißungsvoll das BGE klingt, gibt es auch schlüssige Argumente dagegen:
Zum einen macht das BGE alle gleich, obwohl manche Menschen höhere Aufwendungen haben als andere. Reiche brauchen es nicht, für Arme reicht es oft nicht. Das Grundeinkommen und der Ausbau des Sozialstaates sind keine sich ergänzenden Konzepte, auch wenn sich das viele wünschen. In vielen Gesprächen mit Kolleg*innen in den Betrieben und ihren Gewerkschaften ist zudem deutlich geworden, dass die große Sorge besteht, die Arbeitgeber könnten sich ihrer Verantwortung entziehen, existenzsichernde Löhne zu zahlen. Dazu kommt, dass Arbeitskämpfe geschwächt werden, wenn es dabei nur noch um einen „Zuverdienst“ geht.
Trotzdem bleibt die Forderung nach einem emanzipatorischen Grundeinkommen vollkommen verständlich. Denn wir alle wollen eine sanktionsfreie Mindestsicherung, die wirklich vor Armut schützt. Gerade in Zeiten, in denen nicht nur Konservative und Rechte nach unten treten und - wie Sie richtig schreiben – Menschen als „Sozialschmarotzer“ stigmatisiert werden. Als Linke sind wir da bereits jetzt programmatisch sehr gut aufgestellt. Doch statt Spitzenverdiener*innen das BGE auszuzahlen, wollen wir sie stärker an der Finanzierung unserer Sozialsysteme beteiligen. Wir fordern eine starke Arbeitslosenversicherung, eine solidarische Gesundheits- und Pflegeversicherung und den Umbau der Rentenversicherung zu einer solidarischen Erwerbstätigenversicherung, in die alle einzahlen. Sowohl unser Konzept der sanktionsfreien Mindestsicherung, unsere solidarische Mindestrente und die Kindergrundsicherung schützen alle zuverlässig vor Armut und ermöglichen ein würdevolles Leben.
Viele Grüße