Setzen Sie persönlich- und Ihre "Die Linke" sich auch weiterhin für eine Rentenerhöhung von (u.a.) hauptamtlichen Mitarbeitern der Stasi ein, die im "Sozialverein" ISOR organisiert sind ?
Sehr geehrte Frau MdB Reichinnek,
Ihre "Die Linke" hat sich in der Vergangenheit stark für die Rentenerhöhung und Ziele des Vereins ISOR eingesetzt, der u.a. von Gregor Gysi beraten- und im Bundestag vertreten wurde - vgl. Links :
https://www.isor-sozialverein.de/Archiv_Webseite/aktuell/ia_2011/ia_0411.pdf
https://www.isor-sozialverein.de/cms/der-verein/wer-ist-isor.html
https://www.abgeordnetenwatch.de/profile/gregor-gysi/fragen-antworten/39983
https://www.isor-sozialverein.de/cms/fileadmin/user_upload/isor/pdf/Reden_und_Aufsaetze/ISOR_Stasi_und_DIE_LINKE_0310.pdf
Meine erg. Fragen an Sie:
1. Unterstützen auch Sie das Ziel von ISOR, die Renten von Mitarbeitern des MfS zu erhöhen ?
2. Teilen Sie die Meinung von Historikern, dass ISOR geschichtsrevisionistisch sei ?
3. Halten Sie es für gerecht, dass Stasi-Mitarbeiter der SED-Diktatur politisch und sozial ausgegrenzt werden ?
4. Würden auch Sie persönlich - wie Gregor GYSI - an ISOR-Veranstaltungen teilnehmen ?
MfG
Michael P.

Sehr geehrter Herr P.,
Vielen Dank für Ihre Nachricht und den von Ihnen gestellten Fragen, auf die ich Ihnen gern antworten möchte.
Die Rentenansprüche der DDR zu bewahren war eines der zentralen Versprechen des Einheitsvertrages. Dieses Versprechen wurde gebrochen. Aus Unkenntnis, Ignoranz und moralisch begründeter Willkür kam es zu Kürzungen für hunderttausende DDR-Bürgerinnen und Bürger. Zu den Betroffenen zählen geschiedene Frauen, pflegende Angehörige, Beschäftigte im Gesundheitswesen und der Braunkohle, Balletttänzerinnen, ebenso Akademiker, Ingenieurinnen und Angehörige von Polizei, Armee, Zoll, Bahn und Post. Sie alle erhalten weniger Rente als ihnen zusteht. Für die Belange dieser Rentnerinnen und Rentner hat sich die Linke jahrelang als einzige Partei mit wiederholten Anträgen im Bundestag eingesetzt und wir werden uns weiter für diese Menschen einsetzen. Ausführlicher können Sie es zum Beispiel in diesem Antrag nachlesen: https://dserver.bundestag.de/btd/17/016/1701631.pdf.
Sie sprechen hier direkt die Renten der MfS-Mitarbeiter an und kritisieren, dass Gregor Gysi und Die Linke diese Gruppe unterstützt hätte.
Sozialrecht darf nicht als Strafrecht missbraucht werden. Unrecht abzugelten ist Aufgabe des Strafrechts und des Völkerrechts. Das Strafrecht ist die ultima ratio staatlichen Handelns und es ist daher aus unserer Sicht unzulässig, die Grenzen der Strafbarkeit zu umgehen, indem Sozialrecht zur Bestrafung missbraucht wird. Im Falle der Rentenüberleitung wurde mit direkten Eingriffen in die Rentenformel das Sozialrecht politisch missbraucht und das nicht nur für MfS-Mitarbeiter. Dagegen haben wir uns in der Vergangenheit gestellt und das tun wir auch weiterhin.
In ganz besonderer Weise wurden übrigens diejenigen betrogen, die vor dem Mauerfall aus der DDR geflüchtet waren oder ausgewiesen wurden. An dieser Stelle möchte ich darauf hinweisen, dass Die Linke und insbesondere unser rentenpolitischer Sprecher Matthias W. Birkwald sich mit einer absoluten Vehemenz für die bisher leider immer noch ausgebliebene Rehabilitierung der SED-Geflüchteten eingesetzt hat. Diese Gruppe von Menschen, die vor dem Fall der Mauer aus der DDR geflohen waren und denen man in der BRD die vollständige Übernahme ihrer Rentenansprüche nach dem Fremdrentenrecht zusicherte, wurde nach der Wiedervereinigung entgegen allen Zusicherungen und Absprachen doch nach dem Rentenüberleitungsgesetz behandelt. Sie wurden somit ihrer zugesicherten Rentenansprüche beraubt. Der ihnen ursprünglich zugesicherte Vertrauensschutz wurde willkürlich einfach abgeschafft. Die Gruppe der SED-Flüchtlingen kämpft bis heute mit ihrer „Interessengemeinschaft ehemaliger DDR-Flüchtlinge" um eine Anerkennung dieser Ungerechtigkeit. Gemeinsam mit der Fraktion der Grünen forderten wir unter Anderem im Jahr 2016 die Beseitigung dieser Ungerechtigkeiten in einem Antrag: https://dserver.bundestag.de/btd/18/076/1807699.pdf. Unser rentenpolitischer Sprecher Matthias W. Birkwald steht weiter in engem Kontakt zur Interessensgemeinschaft und wir Linke unterstützen die Interessensgemeinschaft bei dem Versuch, ihre Rechte weiter parlamentarisch durchsetzen zu können, aktuell im Rahmen einer Anhörung im Petitionsausschuss. Aber weder Union, noch SPD, FDP, Grüne oder AfD stehen an ihrer Seite und verweigern ihnen die öffentliche Sachverständigenanhörung. Das ist eine Schande!
Wir Linken sagen ganz klar: Es braucht mehr als nur einen Härtefallfonds, mit einer viel zu kurzen Antragsfrist, einer unzureichenden Finanzierung und viel zu hohen Antragshürden für die Ost-Rentnerinnen und Rentner. Das sind jämmerliche Almosen für wenige Menschen mit sehr niedrigen Renten, von denen bisher bereits mehr als zehntausend Anträge abgelehnt wurden. Wir brauchen endlich Gerechtigkeit für die Ost-Rentnerinnen und Rentner, also einen Gerechtigkeitsfonds, in den alle Geschädigten einbezogen werden.
Wir möchten außerdem darauf hinweisen, dass sich die PDS und im Anschluss auch Die Linke intensiv mit ihrer SED-Vergangenheit auseinandergesetzt hat. Unsere Schlussfolgerungen aus dieser Auseinandersetzung können Sie auch gerne hier nachlesen: https://www.die-linke.de/partei/ueber-uns/geschichte/.
Viele Grüße