Sehr geehrte Frau Reichinnek, haben Sie Interesse daran den Frauen in Afghanistan zu helfen und wenn ja, wie wollen sie vorgehen? LG
Das Schicksal der Frauen in Afghanistan ist uns natürlich ein großes Anliegen. Ihre Lage ist schlimm und spitzt sich immer weiter zu - einfache Lösungen gibt es leider nicht. Einige Handlungsoptionen gibt es aber - und die Bundesregierung setzte sie nicht um, obwohl sie sich eine "feministische Außenpolitik" auf die Fahnen geschrieben hatte.
Sichere Fluchtwege: Um aus Afghanistan zu fliehen - und das ist für viele Frauen momentan die einzige Perspektive - braucht es sichere Fluchtwege. Viele Menschen haben ihre Hoffnungen in das Bundesaufnahmeprogramm für Afghanistan gesetzt. Die Bundesregierung hatte 1000 Visa pro Monat versprochen, für Aktivistinnen, Journalistinnen, Menschenrechtsverteidigerinnen, Anwältinnen. Doch bislang konnten nur wenige Hundert Menschen einreisen, und bald wird das BAP auf unwürdige Weise ganz eingestampft. Tausende Menschen werden im Stich gelassen, darunter auch viele engagierte Frauen, die von den Taliban wegen ihrer politischen Arbeit verfolgt werden.
Internationaler Druck: Die Bundesregierung muss gemeinsam mit anderen Staaten Druck auf die Taliban ausüben, damit diese ihre Politik der Genderapartheid beenden. Das heißt zugleich, dass sich eine Zusammenarbeit mit den Taliban verbietet. Die Bundesregierung findet es aber wichtiger, öffentlichkeitswirksam Menschen in das Land abzuschieben - und nimmt dafür eine Normalisierung der Beziehungen mit den Taliban in Kauf. Das ist falsch und verantwortungslos.
Familiennachzug: Es gibt viele afghanische Frauen, die mit einem in Deutschland lebenden Mann verheiratet sind. Sie haben theoretisch das Recht, zu ihm nach Deutschland zu kommen. Aufgrund sehr langer Wartezeiten und weil die deutsche Botschaft oftmals Dokumente verlangt, die die betroffenen Frauen beim besten Willen nicht beschaffen können, scheitert der Familiennachzug aber häufig in der Praxis. Hier müssten die Hürden gesenkt werden, damit Familien nicht getrennt bleiben und sich für mehr Menschen sichere Fluchtwege eröffnen.