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Heidi Reichinnek
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Frage von Philipp A. •

Mit welchen konkreten Maßnahmen wollen Sie die Überwachung Deutschlands durch die NSA beenden?

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Anders als Herr Pofalla, damaliger Chef des Bundeskanzleramts im August 2013 behauptete, ist der NSA-Überwachungsskandal keineswegs beendet, sondern weiterhin nicht abgestellt. Daran ändert auch die inzwischen verbreitete Transportverschlüsselung des Internet-Datenverkehrs nur wenig. Für uns sind Geheimdienste ein Fremdkörper in der Demokratie. Das zeigt sich auch daran, dass die parlamentarischen Möglichkeiten, die Geheimdienste zu kontrollieren oder Auskünfte zu erhalten, sehr stark eingeschränkt sind. Wir fordern daher einen strukturellen Rückbau und perspektivisch die Auflösung der Geheimdienste (siehe Parteiprogramm). Aber es gibt viele Möglichkeiten, die Gefahr der Überwachung konkret durch die NSA zu verringern. Dies halten wir auch für dringend geboten. 

Einige Beispiele: 
Wir fordern einen grundsätzlich anderen Umgang mit IT-Schwachstellen: Diese müssen schnellstmöglich geschlossen werden und dürfen nicht von Behörden ausgenutzt werden. Dazu hatten wir 2023 einen Antrag eingebracht: https://dserver.bundestag.de/btd/20/020/2002079.pdf. Zudem reicht Transportverschlüsselung nicht aus, für private Kommunikation fordern wir Ende-zu-Ende-Verschlüsselung als Standard, Chatkontrollen (Client-Side-Scanning) und Staatstrojaner lehnen wir ab. Wir sehen außerdem das EU-US-Data Privacy Framework sehr kritisch, weil die Risiken der Überwachung durch US-Behörden nicht ausreichend berücksichtigt sind und europäisches Recht nicht damit vereinbar ist. Derzeit wird der IT-Betrieb in großen Teilen in Clouds verlagert. Wir kritisieren scharf, dass Herausgabepflichten von sensiblen Daten an US-Behörden als Problem nicht ernstgenommen werden. Anstatt auf wirklich souveräne Open-Source-Lösungen zu setzen, schließt die Bundesregierung einen Vertrag nach dem anderen mit Unternehmen ab, Clouds auf Basis der Software US-amerikanischer Konzerne betreiben, die zur Zusammenarbeit mit US-Geheimdiensten verpflichtet werden können. Zwei Beispiele unserer Oppositionsarbeit dagegen hier: https://mdb.anke.domscheit-berg.de/2024/09/microsoft_lobby/ und hier eine Ausarbeitung der wiss. Dienste des Bundestags, die wir in Auftrag gegeben haben: https://www.bundestag.de/resource/blob/990440/baf5c0d018ff7cdbfc08edf0f4ce6e64/WD-3-105-23-pdf.pdf. Schließlich fordern wir auch einen radikalen Kurswechsel der Datenpolitik, der nur gelingen kann, wenn der personalisierten Onlinewerbung ein Riegel vorgeschoben wird und eine Absage an Daten als wirtschaftliches Eigentum erfolgt (siehe unser aktuelles Wahlprogramm: https://www.die-linke.de/fileadmin/1_Partei/parteitage/Au%C3%9Ferordentlicher_Parteitag_25/Wahlprogramm_Entwurf.pdf ). Der Ist-Zustand ist unerträglich, aktuell gibt es ständig neue Enthüllungen über das Ausmaß des kommerziellen Datenhandels ("Data Broker Files"), der zu einer ungeheuerlichen Überwachung führt. Datenlecks dieses Ausmaßes darf es nicht mehr geben, schon gar nicht in Gegenwart von Geheimdiensten wie der NSA. In Bereichen, wo das Anlegen großer Datenbanken mit persönlichen und personenbeziehbaren Daten eine legitime gesellschaftliche Erfordernis hat (Melderegister, Gesundheitsdaten, Polizeidatenbanken, Geldwäschebekämpfung etc.) setzen wir uns für sehr hohe IT-Sicherheitsstandards, europäische Souveränität, weitreichenden Datenschutz und unbedingte Strategien der Datenminimierung ein. Auch dadurch kann das potenzielle Ausmaß geheimdienstlicher Überwachung reduziert werden.