Glauben Sie, dass es die Ukraine in ihrer heutigen Form noch geben würde, wenn der Westen keine Waffen geliefert und stattdessen auf Diplomatie gesetzt hätte?
Sehr geehrter Frau Reichinnek,
Ich bin Mitglied der Linken und teile viele Positionen der Partei. Doch beim Ukraine-Krieg bin ich unsicher, ob der linke Ansatz realistisch ist. Hätte eine Politik, die sich auf Diplomatie statt Waffenlieferungen konzentriert, tatsächlich verhindert, dass Russland große Teile der Ukraine heute noch besetzt? Aktuell sehen wir, dass die USA Friedensgespräche mit Putin führen – ohne Europa und die Ukraine. Putin scheint nur deshalb gesprächsbereit, weil er hofft, auf diplomatischem Weg Gebietsgewinne zu sichern. Wäre eine linke Friedenspolitik in diesem Kontext nicht gleichbedeutend mit einer Kapitulation auf Raten? Ich verstehe, dass am Krieg viele wirtschaftlich profitieren, während Menschen sterben. Doch wäre eine rein diplomatische Strategie wirklich im Interesse der Ukraine gewesen? Und wäre ein sofortiger Stopp der Waffenlieferungen nicht jetzt noch katastrophaler, da die USA vermutlich ohnehin ihre Unterstützung reduzieren werden?

Lieber Herr K.,
gerade die letzten Tage und Wochen zeigen aus meiner Sicht, wie wichtig mehr europäische Initiative für Friedensverhandlungen gewesen wäre. Dass Trump und Putin nun über die Köpfe der Ukrainer:innen hinweg verhandeln belegt für mich, dass es eine starke EU (und selbstverständlich die Ukraine selbst) in solchen Gesprächen braucht, die eben tatsächlich die Interessen Ukraine mit einbringt.
Wir können auch insbesondere im Bereich der Sanktionen noch deutlich mehr Druck auf die Oligarchen rund um Putin ausüben, indem größere Vermögenswerte von ihnen konfisziert und eingefroren werden. Zuletzt ist diese Zahl aber sogar gesunken. Wir fordern schon lange ein Immobilienregister, um die Möglichkeiten auszuweiten. Leider ziehen die anderen Parteien dabei nicht mit.
Herzliche Grüße
Heidi Reichinnek