Frage an Heidi Knake-Werner von Bettina K. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrte Frau Dr. Knake-Werner,
wie ist Ihre Meinung zur derzeitigen Situation der Jobcenter in Berlin? In vielen Jobcentern ist der Zustand unerträglich, was Wartezeiten, Kompetenz und Sachstände anbelangt. Derzeit sind Jobcenter überwiegend damit beschäftigt, Anträge zu bearbeiten und nicht, wie im Gesetz vorgeschrieben, die Arbeitssuchenden in den 1. Arbeitsmarkt zu vermitteln. Ist es Ihrer Meinung nach möglich, die Zuständigkeit wieder auf die kommunalen Träger zu übertragen, und die reine Vermittlungstätigkeit der Agentur für Arbeit zu überlassen. Wie ist Ihre Meinung zur Umsetzung des Optimierungsgesetzes zum SG II, was ja bekanntlich zum 1.8.2006 in Kraft getreten ist und hier insbesondere die Position- Sofortangebote für Bürger die noch keine Leistungen bezogen haben. Welche Angebote und in welcher Form setzen die Jobcenter dafür ein. Werden die von Ihnen vorgegebenen Mietobergrenzen (die Berliner Regelung ist eigentlich sehr gut) demnächst auf Grund der enorm gestiegenen Nebenkosten, angehoben oder soll es bei den jetzigen Beträgen bleiben, was letzhin bedeuten würde, daß ALG II Bezieher doch umziehen müßten. Stimmen Sie dem Vorschlag der PDS zu, alle Sozialleistungen zu bündeln um daraus ein sozialversicherungspflichtiges AV zu machen. Sehen Sie eine Möglichkeit, Praktikumsplätze , die derzeit fast nur unentgeltlich angeboten werden, demnächst nur noch gegen ein Entgelt zu gewähren.
Durch diese Konstruktion der Praktikumsplätze gehen meines Erachtens durchaus einige Arbeitsplätze verloren. Sollen die ALG II Bezieher auch weiterhin rentenversichert sein, oder genügt die Krankenversicherung?
freundliche Grüße
B.Keller
Sehr geehrte Frau Keller,
die Situation in den JobCentern ist unbefriedigend - was zum einen an der Organisation selbst liegt, aber eben auch an der schieren Größe der Aufgabe, die hier zu leisten ist: Wenn es kaum offene Stellen auf dem Arbeitsmarkt gibt, kann man auch kaum dahin vermitteln.
Ich halte es nach wir vor für richtig die Betreuung von Menschen, die Arbeiten können, an einer Stelle vorzunehmen. Die vorherige Trennung in Sozial- und Arbeitslosenhilfe war in dieser Hinsicht falsch. Mit Hartz IV wurde das ganze Problem nun wengistens deutlich und die Zahlen haben ja auch einige Reaktionen hervorgerufen.
Ich halte es für falsch, Arbeitslose in erster Linie als Menschen zu sehen, die sich Leistungen erschleichen. Die Verschärfungen, die mit dem Optimierungsgesetz vorgenommen wurden, sind nur Instrumente die Arbeitslosen zu gängeln. Es muss dagegen mehr Angebote in einem öffentlichen Beschäftigungssektor geben. Mit der Bündelung zu einem sozialversicherungspflichtigen Gehalt könnte man einerseits wichtige Aufgaben für die Gemeinschaft erledigen und andererseits für viele Menschen wieder Normalität herstellen, indem sie beschäftigt sind ganz normal Steuern und Beiträge bezahlen. Die Rentenversicherung ist unbedingt notwenidg - denn sonst stehen wir künftig vor einem noch größeren Problem der Altersarmut.
Praktika halte ich auch für ein Problem, dem allerdings schwer beizukommen sein wird. Das müsste, ähnlich wie befristete Beschäftigung ja nur eingeschränkt möglich ist, durch ein Bundesgesetz geregelt werden.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Heidi Knake-Werner