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Heidemarie Wieczorek-Zeul
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Frage von Jens K. •

Frage an Heidemarie Wieczorek-Zeul von Jens K. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Liebe Frau Wieczorek-Zeul,

meine Frage zur Entwicklungspolitik ist genereller Natur: Warum werden noch immer viele viele Euro der deutschen Steuerzahler verplempert in Ländern, in denen auch jahrzehnte lange "Entwicklungszusammenarbeit" absolut nichts bewirkt hat? Warum muss ich auch heute noch hören, dass man nunmehr noch mehr Geld z.B. für Afrika bereitstellt, ohne dass sich dort durch jahrzehntelange Milliardentransfers nachweislich etwas verbessert hätte (außer vielleicht der Kontostand der Lokalfürsten)?

Ich habe selber in der Branche gearbeitet und mir ist daher aus eigener Beobachtung bekannt, wie tolle "Projekte" weltfremd in deutschen Amtsstuben ausgeheckt werden, von denen am Ende niemand profitiert außer der Dorfbürgermeister in einem Dritte-Welt-Ort, der durch seine Position und seine vielen Verbindungen ordentlich einstecken kann.

Hinzu kommt, dass viele Intellektuelle gerade aus den armen Ländern (Shikwati u.a.) seit Jahren fordern, eine unselige Entwicklungshilfe endlich einzustellen, da sie die Armen nur in Abhängigkeit halte und die Reichen noch reicher mache.

Trotz all diesen Erfahrungen gibt es aber nur immer mehr Geld. Sie kennen ja wahrscheinlich den Spruch, die EZ nimmt von den Armen in den reichen Ländern und gibt den Reichen in den armen Ländern.

Wie also passen die Erfahrungen der Entwicklungshilfe mit ihrer Geldversenkung und Wirkungslosigkeit in die Politik, die ständig noch ihre Ausweitung betreibt?

Vielen Dank für Ihre Antwort.

Ihr Wähler
Jens Kayser.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Kayser,

vielen Dank für Ihre Mail, in der Sie die Wirksamkeit der Entwicklungszusammenarbeit in Frage stellen.

Ich stimme Ihnen zu, dass es noch immer zuviel Armut und gravierende Entwicklungsprobleme in der Welt gibt. Aber trotz aller Rückschläge und noch vor uns liegender Aufgaben kann die Entwicklungspolitik auf eine ganze Reihe von Erfolgen blicken. Diese sind nicht immer so bekannt und medienwirksam wie die Katastrophenmeldungen. Hier eine Auswahl:

- Die Anzahl der Menschen, die in extremer Armut leben, ging seit 1990 um ca. 130 Millionen zurück und das trotz einer Zunahme der Weltbevölkerung von 5,5 Milliarden Menschen auf heute 6,7.
- In den letzten 40 Jahren hat die Lebenserwartung eines Neugeborenen in den Entwicklungsländern um 20 Jahre zugenommen – eine Steigerung, die der Zunahme der Lebenserwartung vom Beginn der Menschheitsgeschichte bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts entspricht.
- Dank des Schuldenerlasses für die ärmsten Entwicklungsländer können heute 29 Millionen Kinder in Afrika mehr in die Schule gehen.
- In den letzten 30 Jahren wurde der Analphabetismus unter Erwachsenen in Entwicklungsländern weltweit halbiert, von 47 Prozent auf 22 Prozent.

Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) überprüft seit mehr als 30 Jahren die Wirksamkeit der deutschen Entwicklungspolitik. Um die Fortschritte und Erfolge der Entwicklungszusammenarbeit zu erfassen, aber auch um Lehren für die Zukunft zu ziehen, bewerten unabhängige Gutachterinnen und Gutachter regelmäßig die vom BMZ geförderten Programme. Das Ministerium veröffentlicht die Evaluierungsberichte. Sie können sie zum Beispiel auf der Internetseite des BMZ einsehen unter:

http://www.bmz.de/de/ErfolgKontrolle/index.html

Daneben verfügt das Ministerium seit mehr als 40 Jahren über eine Außenrevision. Deren Aufgabe besteht darin, die Mittelverwendung unserer zahlreichen Zuwendungsempfänger (Nichtregierungsorganisationen, Stiftungen, Verbände) zu prüfen. Ziel ist es, neben projektbezogenen Erfolgskontrollen sicherzustellen, dass Fördermittel effektiv, wirtschaftlich und zweckentsprechend eingesetzt werden. Nicht zweckentsprechend verwendete Mittel sind von den Zuwendungsempfängern mit Zinsen zurückzuzahlen.

Ich hoffe, ich kann Sie mit dieser Antwort davon überzeugen, dass die deutsche Entwicklungszusammenarbeit durchaus positiv in den Partnerländern wirkt und die Mittelverwendung sorgsam kontrolliert wird.

Mit freundlichen Grüßen
Ihre
Heidemarie Wieczorek-Zeul