Frage an Heidemarie Wieczorek-Zeul von Manfred L. bezüglich Jugend
Sehr geehrte Frau Wieczorek-Zeul,
ich möchte meine Frage noch einmal stellen, weil sich Ihre Antwort nicht auf meine Frage bezog. Ich interessierte mich nicht für Ihre Haltung zur Genitalverstümmelung bei Mädchen, wie sie im östlichen Afrika praktiziert wird. Ich habe das Wort Verstümmelung gar nicht gebraucht. Ich frage vielmehr nach Ihrer Haltung zu der in Asien millionenfach durchgeführten relativ harmlosen Beschneidung bei Mädchen im Säuglingsalter (eine islamische Tradition). Diese ist ein leichter Eingriff, manchmal nur ein Nadelstich, manchmal die Entfernung eines Stückchen Hauts, das viel kleiner ist als die Vorhaut eines Jungen. Wenn Sie sagen, dass dies mit dem Eingriff bei Jungen nicht vergleichbar ist, dann gebe ich Ihnen Recht in dem Sinn, dass die Jungenbeschneidung wesentlich gravierender ist.
Sind Sie der Meinung, dass Mädchen vor Eingriffen geschützt werden müssen, die kleiner und komplikationsloser sind als die Jungenbeschneidung?
Vielen Dank,
Manfred Lein
Sehr geehrter Herr Lein,
Auslöser für die Gesetzesinitiative des Deutschen Bundestages zur Regelung der Beschneidung von Jungen aus religiösen Gründen war das Urteil eines Kölner Gerichts in einem konkreten Fall. Der Ethikrat hat für ein solches Gesetz konkrete Voraussetzungen formuliert, unter denen dies zulässig sein soll:
• die umfassende Aufklärung und Einwilligung der Sorgeberechtigten
• eine qualifizierte Schmerzbehandlung
• die fachgerechte Durchführung des Eingriffs und
• die Anerkennung eines entwicklungsabhängigen Vetorechtes des betroffenen Jungen.
Auf dieser Grundlage und nach den entsprechenden fachlichen Anhörungen und Beratungen werden wir uns – und werde ich mich – für eine verantwortliche gesetzliche Regelung entscheiden.
Die von den Vereinten Nationen als Menschenrechtsverletzungen geächteten Genitalverstümmelungen von Mädchen sind und bleiben auch in Deutschland strafbar.
Mit freundlichen Grüßen
Heidemarie Wieczorek-Zeul