Frage an Heidemarie Wieczorek-Zeul von Heiko R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Ministerin,
mit dem Thema Integration und Zuwanderung ist ein Thema angesprochen, dem offensichtlich in zweierlei Hinsicht eine gestiegene Bedeutung zuzukommen scheint:
(1.) im Hinblick auf die Problematik der Integration der Immigranten und deren Kinder in die Aufnahmegesellschaft, ihre Teilhabe am gesellschaftlichen Wohlstand und der Partizipation am öffentlichen Leben.
(2.) Im Hinblick auf die "demographische Schieflage", welche aus volkswirtschaftlicher Sicht Zuwanderung nahelegt.
Dem Integrationsplan zufolge ist die SPD vorrangig um Bildungs- und Arbeitsmarktpartizipation von Migranten bemüht. Damit beschreitet die SPD den Weg der Integration über Partizipation und setzt auf die bildenden Instanzen als vermittelnde Institutionen. Die Notwendigkeit solcher Maßnahmen ist sicherlich unumstritten, ebenso aber ihre Effektivität [...] - und dies v. a. auch im Hinblick auf die bestehenden Arbeitsmarktrestriktionen.
Die Frage lautet nun: wie soll eine auf Partizipation ausgerichtete Integrationspolitik funktionieren, wenn die Kapazität des Arbeitsmarktes dem Gesamtvolumen an Humankapital nicht entspricht? Dem volkswirtschaftlichen Interesse an Zuwanderung stehen auf der anderen Seite gesellschaftliche und individualbiographische Folgekosten auf Seite der Immigranten entgegen, welche eine Rechnung nach "Bruttoregistertonnen", bzw. privaten Gewinnen und SteuerEinnahmen anderseits als durchaus unbegabt erscheinen lassen.
M. a. W.: Welchen Kurs verfolgt die SPD im Hinblick auf die Problematik "Intergration vs. Immigration", also die offensichtliche Behinderung der Integrationsbeühungen durch volkswirtschaftliche Interessen? Und wie lässt sich dies wiederum auch mit Arbeitnehmerinteressen vereinbaren? Und wie rechtfertigen sich kostenintensive Interventionsprogramme, die letzten Endes nichts als Verschiebungen in den Relationen, nicht aber ein mehr an Teilhabe verwirklichen können?
Mit freundlichen Grüßen
H. Roloff
Sehr geehrter Herr Roloff,
vielen Dank für Ihre Email zum Thema Integration und Zuwanderung, ich möchte Ihnen darauf gerne antworten.
Integration ist zunächst einmal, so steht es auch im Regierungsprogramm der SPD, eine zentrale Aufgabe für die Zukunftsfähigkeit unseres Landes. Dies gilt für alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens: in der Kultur, in der Bildung sowie im Erwerbsleben. Für uns ist klar, dass Deutschland ein Einwanderungsland ist und wir eine Kultur der Anerkennung brauchen, die die kulturelle Vielfalt nicht leugnet, sondern kulturelle Unterschiede als Möglichkeit neuer Gemeinsamkeit begreift.
Unsere Antworten in der Integrationspolitik sind vielfältig: wir wollen den Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft erleichtern, mehr Fachkräfte aus dem Ausland nach Deutschland holen und die Vereinfachung der Anerkennung von Abschlüssen aus dem Ausland erleichtern. Dies ist besonders wichtig, da viele Einwanderer zwar sehr gut ausgebildet sind, sie jedoch hier nicht arbeiten können, da ihre Ausbildung in Deutschland nicht anerkannt wird. Wir wollen eine größere Teilhabe am gesellschaftlichen Leben in Deutschland erreichen – und dies ist für alle Menschen, die hier leben, wünschenswert.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre
Heidemarie Wieczorek-Zeul