Frage an Heidemarie Wieczorek-Zeul von Karsten S. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrte Frau Wieczorek-Zeul,
Sie sind sehr gut über das Leid der Menschen und die Menschenrechtsverletzungen in Sri Lanka informiert. Sie haben das in den vergangenen Jahren immer wieder angemahnt - verstärkt auch in den letzten Wochen. Das BMZ verkündigte sogar vor einiger Zeit, dass Entwicklungshilfegelder für Sri Lanka eingefroren sind und keine weiteren Zusagen gemacht werden solange sich die Situation (vor allem von Seiten der Sri lankischen Regierung) nicht deutslich bessert. Zudem haben Sie auch den (teilweisen) Abzug der entsandten Fachkräfte angekündigt.
Vor diesem Hintergrund frage ich Sie, ob es nicht der Glaubwürdigkeit Ihrer Position und der deutschen Entwicklungszusammenarbeit allgemein schadet, wenn Sie/das BMZ in den vergangenen Jahren, entgegen dieser offiziellen Verlautbarungen, immer wieder Geldzusagen und -bereitstellungen für Projekte in Sri Lanka gemacht haben (Gelder die keine Nothilfe betreffen).
Wäre es nicht ehrlicher (und eventuell auch effektiver im Hinblick auf eine Einflussnahme zur Verringerung der Menschrechtsverletzungen) zu den gemachten Aussagen und Forderungen an die Sri Lankische Regierung zu stehen und wie andere Geberländer die Hilfe einzustellen?
Zudem: Auch wenn die Menschen in Sri Lanka ohne Zweifel Unterstützung benötigen, sind es nicht auch die vielen zig und hundert Millionen Euro deutscher Hilfe, die zumindest indirekt auch die Militärausgaben der Regierung finanziert haben und noch finanzieren (z.B. über Steuern oder über die Entlastung des Sri Lankischen Staatshaushalts durch Bereitstellen von Dienstleistungen, die sonst der Staat finanzieren müsste)?
Mit bestem Dank im Voraus für eine Beantwortung und mit freundlichen Grüßen
Karsten Schmitt
Sehr geehrter Herr Schmitt,
vielen Dank für Ihr Schreiben vom 5. Juni 2009. Die Situation in Sri Lanka besorgt mich weiterhin sehr. Der Bürgerkrieg verbunden mit massiver militärischer Gewaltanwendung – sowohl von Seiten der LTTE als auch der Regierungsarmee – hat Tausende zivile Opfer gefordert. Die Arbeit der internationalen Gemeinschaft vor Ort unterlag zudem immer größeren Sicherheitsrisiken, einige Gebiete waren nicht mehr für internationale Akteure zugänglich. Vor diesem Hintergrund haben wir, wie auch andere europäische und internationale Akteure, ab 2007 unsere normale Entwicklungszusammenarbeit eingestellt.
Weitergeführt wurden ausschließlich Projekte mit der Zielsetzung der „Konflikttransformation“ und es wurden Mittel für entwicklungsorientierte Nothilfe zur Linderung der schlimmsten Folgen des Bürgerkrieges für die Bevölkerung zur Verfügung gestellt. Die Weiterführung dieser Vorhaben ist geboten, da der Konflikt mit der Einstellung der militärischen Gewalt nicht beendet sein wird. Die Stärkung von Akteuren und Strukturen, die ein friedliches Zusammenleben in Sri Lanka zum Ziel haben und die Rückkehr der Flüchtlinge in ihre Heimatregionen, sind Voraussetzung für einen langfristigen Frieden.
Ich engagiere mich sehr dafür, dass die Mittel der internationalen Gemeinschaft nicht von der sri-lankischen Regierung missbraucht werden, z. B. zur Finanzierung von Militärausgaben. Beispielsweise habe ich mich in den beiden vergangenen Jahren massiv für die Einstellung oder Überprüfung von Krediten und Vorhaben eingesetzt, die die Gefahr bergen, dass sie direkt den sri-lankischen Staatshaushalt begünstigen. Aktuell dränge ich u. a. auf eine Verschiebung des sri-lankischen Antrages auf einen Stabilisierungskredit des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Höhe von 2,4 Mrd. US-Dollar.
Sie können sicher sein, dass wir weiterhin genau prüfen, wie die zur Verfügung gestellten Mittel verwendet werden.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre
Heidemarie Wieczorek-Zeul