Frage an Heide Rühle von Martin R. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrte Frau Rühle,
die Menschen haben es satt, mit der Lupe missverständliche Produktinformationen auf den Lebensmittel-Verpackungen zu enträtseln. Deshalb setzt sich www.foodwatch.de für das in England bereits erfolgreich verwendete Ampelsystem ein. Dort wird die Ampelkennzeichnung für Lebensmittel bereits auf 10.000 Produkten verwendet. Die Farben Rot, Gelb und Grün weisen für jeden verständlich auf den Gehalt an Fett, Zucker und Salz hin.
Die Nahrungsmittelindustrie, unterstützt von Horst Seehofer und der EU-Kommission, will dagegen ein irreführendes, unverständliches Zahlensystem, das die tatsächlichen Nährwerte verschleiert! Allerdings ist das kein Wunder. Das Ampelsystem würde deutlich machen: Viele verarbeitete Lebensmittel, zum Beispiel Frühstückscerealien und Joghurtdrinks, sind gnadenlos überzuckert und tragen zum drängenden Problem des Übergewichts - insbesondere von Kindern - bei.
Ich hoffe Sie setzen sich auch für eine Ampelkennzeichnung der Nährwerte von Lebensmitteln ein?
Mit freundlichen Grüßen
Martin Rau
Sehr geehrter Herr Rau,
bitte entschuldigen Sie die mehr als späte Antwort auf Ihre Anfrage, sie scheint uns im hektischen Alltag durchgerutscht zu sein.
Heute (8. Dezember 2008) steht der Berichtsentwurf der verantwortlichen Abgeordneten, Renate Sommer, auf der Tagesordnung des Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit. Dieser Entwurf bezieht sich auf den Vorschlag der Europäischen Kommission zur "Verordnung betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel", so der offizielle Name. Die Kommission stellt es den Mitgliedstaaten frei, eine Ampelkennzeichnung einzuführen, will diese aber nicht verbindlich EU-weit vorschreiben. Auch in den Änderungsvorschlägen von Frau Sommer ist dies leider nicht vorgesehen.
Ich halte die Ampelkennzeichnung für eine gute, plastische Möglichkeit, die Verbraucherinnen und Verbraucher über den Nährwert eines Produkts zu informieren.
Die Lebensmittelindustrie bevorzugt, wie Sie ja selbst erwähnen, ein undurchsichtiges System, basierend auf willkürlich festgelegten Portionsgrößen. Die von Ihnen angeführten Beispiele, Joghurt(drinks) und Frühstückscerealien, zeigen gut, das ein solches System problematisch und unsinnig ist. Natürlich ist die vorgeschlagene Menge einer Portion nicht schädlich (wie überhaupt kaum ein Nahrungsmittel in Maßen genossen). Aber durch die Kennzeichnung kommt der ungesund hohe Zuckeranteil der Produkte nicht zum Ausdruck.
Die Nahrungsmittelindustrie argumentiert außerdem, eine Ampelkennzeichnung sei irreführend, weil z.B. auch Nüsse, Avocados oder Butter aufgrund ihres hohen Fettgehalts mit einer roten Ampel gekennzeichnet würden, obwohl sie für die Ernährung wertvoll sind. Das sind sie auch, aber trotzdem ist es nicht gut, am Tag ein Kilo Nüsse und fünf Avocados zu essen. Somit ist die Ampelkennzeichnung ein Mittel, die Verbraucherinnen und Verbraucher darauf aufmerksam zu machen, dass sie bei einem bestimmten Nahrungsmittel u. U. aufpassen müssen, nicht zu viel davon zu essen oder zu trinken. Deswegen hoffe ich, dass wir GRÜNEN doch noch eine Mehrheit von der Ampelkennzeichnung überzeugen können.
Mit freundlichen Grüßen
Heide Rühle